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Nach Bergsturz in Blatten Lötschental öffnet wieder für Touristen – und hofft auf Gäste

Das Lötschental will den Tourismus zurück, es gehe um das wirtschaftliche Überleben. Ein Augenschein, bevor die Strasse wieder öffnet.

Jede Stunde – eine Verbindung. Das Postauto im Lötschental fährt nach Fahrplan, auch wenn die Strasse zwischen Goppenstein und Wiler gesperrt und das Tal für den Tourismus geschlossen ist. Jedenfalls noch. Für das Pfingstwochenende geht die Strasse wieder auf und die Betriebe hoffen, dass die Gäste zurückkommen.

«Der Anblick schmerzt. Aber was soll ich tun?»

Bis es so weit ist, bleiben die allermeisten Plätze im Postauto leer, es fahren fast nur Einheimische mit. «Zum Beispiel die Pendler», erzählt Postauto-Chauffeur Kilian Lehner. Er fährt die Strecke seit 16 Jahren. Seit dem Bergsturz letzte Woche sei es stiller geworden im Bus.

«Klar kann man fragen ‹wie geht's?›, aber wie soll es denen, die alles verloren haben, schon gehen? Ich versuche ihnen ein bisschen Mut zuzusprechen, aber mehr geht im Moment nicht.» Er selbst kennt die Strecke in- und auswendig. Zu seinem Alltag gehört nun auch der Blick auf den Schuttkegel: «Der Anblick schmerzt. Aber was soll ich tun?»

Der Buschauffeur sitzt im Bus
Legende: Postauto-Chauffeur Kilian Lehner: «Ich freue mich auf den Kontakt mit den Gästen.» SRF/Sabine Steiner

Seit der Evakuierung Blattens ist bei der Haltestelle «Wiler Dorf» Schluss. Das Postauto fährt nicht mehr weiter ins Tal hinein. Die Strasse ist gesperrt. Neben dem Feuerwehrlokal wendet Kilian Lehner den Bus – und hat ein paar Minuten Verschnaufpause.

Genau hier habe er gestanden, als letzten Mittwoch der Berg kam. Wie eine Explosion sei es gewesen, surreal. Kilian Lehner ringt um Worte: «Als Mensch bist du machtlos gegen diese Naturgewalt. Du musst dich fügen – es ist nichts dagegen auszurichten.»

Der Bus an der Wendeschlaufe
Legende: Hier stand Kilian Lehner, als der Berg und der Gletscher am vergangenen Mittwoch kamen – und musste zusehen, wie das Hotel seiner Frau begraben wurde. SRF/Sabine Steiner

Machtlos musste Kilian Lehner zuschauen, wie der Berg und Gletscher auch das Hotel seiner Frau und seiner Schwägerin unter sich begruben. Das Lebenswerk mehrerer Generationen – innert Sekunden – einfach weg.

Seither steht der Tourismus im Lötschental still. Die Situation sei schwierig, sagt Mathias Fleischmann, Geschäftsführer von Lötschental Tourismus. Mit den verschütteten Hotels in Blatten fehlten wichtige Betriebe, wichtige Betten.

Lötschental wünscht sich Tourismus zurück

«Das ist der schwerwiegendste Verlust für den Tourismus. Diese Hotels liefen sehr gut und hatten viele Stammgäste.» In Zahlen ausgedrückt: Die drei Hotels in Blatten waren für 80 Prozent der Hotel-Logiernächte verantwortlich.

In der Sommersaison könne man diesen Verlust mit Ferienwohnungen ausgleichen. Für die Wintersaison werde es aber schwierig, ist der Touristiker überzeugt. Schon vor dem Bergsturz waren die Hotelbetten im Lötschental knapp. Nun fehlten über 150 Betten. «Wir klären, ob es möglich ist, bis zum Start der Wintersaison provisorische Unterkünfte mit Hotelstandard zu erstellen.»

Wir sind dankbar für jeden Gast, der kommt
Autor: Mathias Fleischmann Geschäftsführer von Lötschental Tourismus

Denkbar wären etwa Tiny-Houses oder Container, so Mathias Fleischmann. Mittel- und längerfristig brauche es aber wieder neue Hotels. Zuerst steht das Pfingstwochende an – ab Freitagabend ist die Strasse ins Lötschental wieder für alle geöffnet.

Und die Gäste sind willkommen: «Es ist ein wichtiges Zeichen der Solidarität, in die Region zu kommen», so Fleischmann. Es gehe um das wirtschaftliche Überleben im Tal, man sei dankbar für jeden Gast, der komme.

Holzkreuz überblickt Tal und Dorf in den Alpen.
Legende: Auch das Tal sei bereit, dass wieder etwas Normalität einkehrt KEYSTONE/Michael Buholzer

Mit einem Andrang rechne er zwar nicht, aber die Restaurants, die Bergbahen, das Tal leben vom Tourismus. Er sei in engem Kontakt mit der Bevölkerung. «Das Tal ist bereit, dass wieder mehr Leben und Normalität einkehrt. Auch wenn die Katastrophe noch lange nicht bewältigt ist.»

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Rendez-vous, 6.6.2025, 12:30 Uhr;gygm;liea

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