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Nach Bergsturz in Blatten Neuanfang nach Bergsturz: Schafzüchter kämpft um Existenz

Alles, was ihm geblieben ist, sind seine Schafe. Wie ein Schafzüchter versucht, die landwirtschaftliche Zukunft von Blatten zu retten.

Er war der erste Bio-Landwirt im Lötschental. Daniel Ritler ist Schafzüchter mit Leib und Seele, ein Pionier seit 30 Jahren. Sein Hof und sein Hofladen in Ried sind jedoch unter dem Schutt begraben worden. Alles, was ihm geblieben ist, sind seine Schafe.

Mann füttert Schafe auf Bergwiese mit Talblick.
Legende: Sie haben ihr Zuhause in Blatten verloren: Züchter Daniel Ritler und seine Schafe. SRF

«Das Leben davor ist untergegangen und jetzt ist in mir eine Leere», erzählt Daniel Ritler, Präsident der Pachtvereinigung. Er ist quasi der Sprecher der Lötschentaler Landwirtinnen und Landwirte. «Ich weiss nicht genau, in welche Richtung es geht, aber die Leere hat eine Hoffnung und mit der Hoffnung arbeite ich.»

Schafe grasen auf einer Wiese.
Legende: Die Schafe wurden kurz vor dem Bergsturz evakuiert. SRF

Zehn Tage vor dem Bergsturz musste er seine Schafe evakuieren – sie grasen seither 15 Kilometer entfernt auf einer Weide über dem Rhonetal. Bis zuletzt habe er gehofft, dass der Berg nicht auf einmal abbricht, nicht alles unter sich begräbt: «Aber dann war alles innerhalb von 40 Sekunden kaputt.»

Der beste Teil des Landes verschüttet

Über 70 Hektar Agrarland wurden durch den Berg- und Gletscherabbruch zerstört, 100 Hektar sind nicht mehr zugänglich. Ein grosser und vor allem der beste Teil des Landes sei verschüttet worden, betont Schafzüchter Daniel Ritler.

Derzeit werde genau geprüft, wer wo noch wie viel Land besitze «und wer noch interessiert ist, Landwirtschaft zu betreiben», sagt Ritler. Das Ziel sei klar: Auch eine nächste Generation soll kommen, und diese jungen Leute sollen eine Chance erhalten, von der Landwirtschaft zu leben. «Wir Älteren helfen ihnen, neue Strukturen und Infrastrukturen aufzubauen, damit sie noch einen Sinn in der ganzen Arbeit sehen.»

Die Solidarität in den Landwirtschaftskreisen ist riesengross.
Autor: Daniel Ritler Präsident der Pachtvereinigung Lötschental

Essenziell sei, dass der Kanton Wallis allen betroffenen Bäuerinnen und Bauern im Lötschental Hilfe zugesichert hat. Sie sollen etwa die Direktzahlungen in den nächsten zwei Jahren weiterhin erhalten, auch wenn sie im Moment nicht wie bisher arbeiten können.

Hilfe von Bund und Kanton

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Der Kanton Wallis hat diverse Hilfen für Blatten zugesichert. Für Sofortmassnahmen stehen zehn Millionen Franken zur Verfügung. Eine Strategiegruppe soll sich mit dem Wiederaufbau des Dorfes befassen.

Der Bund plant für Blatten eine Soforthilfe von fünf Millionen Franken. Mit dem Geld sollen Massnahmen bezahlt werden, die nicht durch Versicherungen und Subventionen abgedeckt sind und rasch umgesetzt werden müssen.

Das Geld kann auch zur Unterstützung von betroffenen Dorfbewohnerinnen und -bewohnern in besonders schwierigen Situationen eingesetzt werden.

Über die genaue Verwendung des Sofortbeitrages soll die Gemeinde entscheiden und dem Bund Rechenschaft ablegen.

Die Hoffnung, dass es irgendwie weitergeht, will Daniel Ritler nicht aufgeben. Da helfe auch die grosse Unterstützung von überall: «Die Solidarität in den Landwirtschaftskreisen ist riesengross.»

Schafzucht müsse wichtig bleiben

Acht Bauern hätten keinen Stall mehr. Aus der ganzen Schweiz seien Angebote eingegangen, um Futter zu bringen oder Plätze für den Winter zur Verfügung zu stellen. Sogar aus dem Ausland hätten sich Leute gemeldet, die helfen wollten, sagt Ritler.

Schäfer weiterhin vermisst

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Ein 64-jähriger Schafzüchter aus der Region wird weiterhin vermisst.

Es wird vermutet, dass sich der Schafzüchter bei seinen Tieren befand, als sich der Bergsturz ereignete. Sein Stall lag rund 300 Meter ausserhalb der Evakuierungszone und wurde verschüttet. Die Strasse zum Weiler war laut Führungsstab abgesperrt.

Was genau mit dem Schäfer passiert ist, wird untersucht. Dazu könne er nicht mehr sagen, betont Daniel Ritler, Präsident der Pachtvereinigung Lötschental.

Wie die Arbeit von ihm und den betroffenen Landwirtinnen und Landwirten künftig aussehen wird, könne er jetzt noch nicht abschätzen. Klar sei aber, dass das Land auch weiterhin gepflegt werden soll. «Die Schafwirtschaft im Lötschental ist wichtig.» Es sehe nicht nur besser aus, es sei auch wichtig für die Biodiversität. «Sonst verwildert alles.»

Sollte man das Lötschental nicht mehr bewirtschaften dürfen, würde er sich schon die Frage stellen, ob man dann überhaupt noch dort leben sollte. Für Daniel Ritler ist also klar: Das Lötschental ohne Landwirtschaft ist kein lebenswertes Lötschental.

Schweiz Aktuell, 6.6.2025, 19 Uhr ; 

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