Darum geht es: Der Kanton Aargau hat als erster Schweizer Kanton 2018 flächendeckend ein Lehrmittel in den Schulen verteilt, das die Begeisterung für Hightech und Nano-Technologie fördern soll. Ein Experimentierkoffer (SimplyNano 2) soll die Oberstufenschülerinnen und -schüler für Naturwissenschaften begeistern. 32 Experimente sind möglich. Der Kanton Aargau finanziert einen Teil des Projekts, aber auch Firmen steuern Geld bei.
(Kritische) Fragen und Antworten
Nanotechnologie begegnet uns überall im Alltag (Nano: Griechisch für Zwerg). Die Kleinstteilchen befinden sich in der Sonnencrème, in der Zahnspange, im Tennisschläger, usw: Nano-Partikel verändern Materialien so, dass sie leistungsfähiger werden. Das sorgt auch für Kritik, zum Beispiel wenn Nano-Teilchen in Lebensmitteln versteckt sind.
Das soll der Koffer bringen: Der Experimentierkoffer soll helfen, den Fachkräftemangel zu bekämpfen. Wenn Schülerinnen und Schüler sich für Nanotechnologie und Naturwissenschaften interessieren, schlagen sie allenfalls eher diesen Berufsweg ein, das die Hoffnung. Die Lehrpersonen wurden für den Umgang mit dem Koffer geschult.
Ideal für Projektwochen: Im Rahmen einer Projektwoche in Mellingen experimentieren die Bezirksschüler täglich. Weiter haben sie aber auch das Swiss Nanoscience Institute (SNI) besucht, den Lehrstuhl an der Universität Basel, der vom Kanton Aargau finanziert wird. Der Koffer sei ideal für Projektwochen oder Praktika, die der Lehrplan 21 vorgibt, sagen die Verantwortlichen.
Zufriedene Lehrperson: Für den regulären Klassenunterricht bräuchte man fast noch mehr Koffer pro Klasse, sagt Bezirksschul-Lehrerin Viola Jori gegenüber SRF. Pro Klasse sind es 6 bis 20 Koffer. Für Jori funktioniert das Projekt aber gut, die Schülerinnen und Schüler seien interessiert, arbeiteten selbstständig. Das sei anspruchsvoll aber gut. «Den Transfer vom Experiment zum Alltagsgegenstand, den müssen wir aber herstellen. Den Jugendlichen ist das nach dem Experimentieren zu wenig bewusst», sagt sie.
Erste Bilanz: An der Bezirksschule in Mellingen zogen Lehrpersonen und die Schweizerische Innovationsgesellschaft aus St. Gallen Bilanz. Die Gesellschaft ist für die Umsetzung des Koffers, des Nano-Unterrichts und die Schulung der Lehrpersonen zuständig. Nach über einem halben Jahr könne man sagen, dass das Projekt auf Kurs sei, sagt Christoph Meili von der Innovationsgesellschaft. Schüler und Lehrpersonen seien interessiert.
Auch für Mädchen: Nano-Technologie erreiche nicht nur Buben, sondern auch Mädchen, ist Christoph Meili überzeugt. «Nano-Technologie ist überall drin, in Sonnencrème, Brandschutzmaterialien, Kosmetika, Tennisschlägern. Das fasziniere auch Mädchen, auch weil es keine sehr technischen sondern alltägliche Phänomene sind, schildert er die Vorteile.
Positive Bilanz, reicht das? Eine Umfrage im Klassenzimmer in Mellingen zeigt: Die Schülerinnen und Schüler sind fasziniert, auch weil Nano-Technologie im Alltag vorkommt. Experimentieren im Schulalltag ist willkommen. Wie viele von ihnen eine Berufsbahn in Richtung Forschung einschlagen ist aber unklar. «Ich finde es spannend, aber das als Job, kann ich mir weniger vorstellen», sagten gleich mehrere Schüler im Klassenzimmer.
Kritik im Vorfeld: Der Aargauische Lehrerverband begrüsste das Projekt zwar, als es lanciert wurde. Es gab aber auch Bedenken, weil Pharma- und Chemiefirmen den Koffer mitbezahlen. Schleichwerbung im Klassenzimmer? Christoph Meili von der Innovationsgesellschaft beruhigt: «Im Koffer ist keinerlei Werbung drin, bewusst, das ist ein werbefreies Lehrmittel», sagt er.
Meili hofft nun, dass weitere Kantone nachziehen und das Aargauer Modell übernehmen. «Wenn wir Fachkräfte finden wollen, geht es nur so. Wir müssen die Schüler früh für die Naturwissenschaften und die Technik begeistern», sagt er.