Seit dem 1. Januar 2019 gilt in der Schweiz für Kindertagesstätten eine neue Meldepflicht. Besteht ein Verdacht auf Kindsmissbrauch müssen neu alle Kindertagesstätten eine sogenannte Gefährdungsmeldung machen. Bis anhin galt diese Pflicht nur für staatlich geförderte Kitas.
Mit der Einführung dieser Meldepflicht ist die Zahl der Meldungen in Basel um 20 Prozent auf rund 500 Fälle gestiegen. Dies bestätigt Patrick Fassbind, Leiter der Basler Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde KESB gegenüber dem «Regionaljournal Basel» von Radio SRF. Einen direkten Zusammengang mit den neuen Regelungen sieht Fassbind indes nicht.
Er vermutet, dass die Zunahme vielmehr auf die gestiegene Aufmerksamkeit und Publizität des Themas zurückzuführen ist. «Die Gesetzesänderung wurde viel diskutiert und wir haben viel Aufklärungsarbeit geleistet», sagt Fassbind. Vielen Stellen seien die Melderechte und -pflichten erst durch diese Diskussion wieder bewusst geworden. Fassbind betont, dass zwar die Zahl der Gefährdungsmeldungen im Kindesschutz zugenommen haben, die effektiven Massnahmen der Kesb, dass zum Beispiel ein Kind von den Eltern getrennt wird, aber nicht.
Von der Kinderärzteschaft gibt es vielleicht eine Meldung pro Jahr. Das ist sehr bedenklich und bedauerlich.
Von Kindertagesstätten gäbe es im Schnitt pro Monat eine Meldung, erklärt Fassbind. Mehr Meldungen als früher kämen auch aus den Schulen. Handlungsbedarf sieht Fassbind noch bei den Kinderärzten. «Von der Kinderärzteschaft gibt es vielleicht eine Meldung pro Jahr. Das ist sehr bedenklich und bedauerlich», sagt Fassbind. Bei der Kinderärzteschaft, die eigentliche Familienkrisenzentren seien und die sehr viel mitbekommen, sollte in Zukunft grössere Kindesschutzkompetenz vorhanden sein, hofft der Leiter der Basler Kesb.
Kinderärzte in den Praxen auf sich alleine gestellt
Für Kinderärztinnen und -ärzte hat sich das Meldeverfahren im letzten Jahr stark vereinfacht. Neu sind sie nicht mehr an die ärztliche Schweigepflicht gebunden und können - freiwillig - Verdachtsfälle melden. Dass dies nur wenig geschieht habe vermutlich auch mit den Strukturen in Kinderarztpraxen zu tun, vermutet Daniel Beutler, der die Kinderschutzgruppe am Uni-Kinderspital UKBB leitet. Während im Spital sich eine ganze Fachgruppe bestehend aus Ärzten, Pflege, Psychiatern oder Sozialarbeiterin mit dem Thema Kindsschutz beschäftigt, ist ein Kinderarzt in seiner Praxis auf sich allein gestellt.