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Arbeiten zu Hause: So klappt's «Im Homeoffice ist Routine wichtig – genau wie im Büro»

In der Schweiz sind 5.3 Millionen Personen erwerbstätig. Hunderttausende davon dürften aktuell wegen der Coronakrise im Homeoffice arbeiten. Für viele eine ungewohnte Situation. Vor allem, wenn wegen der Schulschliessungen auch die Kinder zu Hause sind.

Am Beispiel der Familie eines «Kassensturz»-Redaktors erklärt die Homeoffice-Expertin Petra Schmid, wie Betroffene mit der Situation richtig umgehen.

Petra Schmid

Professorin für Arbeitspsychologie

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Nach ihrem Lizentiat in Psychologie an der Universität Bern im Jahr 2006 promovierte Petra Schmid 2009 in Arbeitspsychologie am Institut für Arbeits- und Organisationspsychologie der Universität Neuenburg. Zurzeit ist sie Assistenzprofessorin an der ETH Zürich im Departement Management, Technologie und Ökonomie.

SRF: Wir führen dieses Interview per Skype-Videoschaltung, weil wir beide statt im gewohnten Büro im verordneten Homeoffice arbeiten. Was ist das Wichtigste, wenn man darin noch ungeübt ist?

Petra Schmid: Das Wichtigste ist, dass man sich eine möglichst ruhige Ecke für das Homeoffice sucht. Weiter sollte man sein Homeoffice angenehme einrichten mit einem bequemen Pult und Stuhl, einem guten Bildschirm und stabilem Internet. Auch wichtig ist, dass man klare Zeiten festlegt, in denen man im Homeoffice arbeitet und konzentriert sein kann.

Wichtig ist also eine Tagesstruktur. Wie sollte sie aussehen?

Homeoffice erlaubt viel Flexibilität, und das ist auch schön. Das kann und soll man nutzen und dementsprechend die Tagesstruktur und die Zeiten seinem Rhythmus und dem Umfeld anpassen. Homeoffice-Nutzer sollten aber auch eine Routine aufbauen, damit die Arbeit effizient ist: Zum Beispiel immer zur gleichen Zeit aufstehen und mit der Arbeit zur gleichen Zeit anfangen. Auch Pausen gehören dazu, so wie man sie im normalen Büroalltag auch macht.

Warum sind Pausen wichtig?

Damit man konzentriert und fokussiert bleiben kann. Wir haben keine allzu lange Aufmerksamkeitsspanne und brauchen deshalb zwischendurch eine Pause. Gerade im Homeoffice arbeitet man ja im Sitzen, und da ist es wichtig, sich zwischendurch zu bewegen.

Gerade im Homeoffice ist es wichtig, sich zwischendurch zu bewegen.

Viele Betroffene haben zu Hause kein fixes Büro, in dem sie ungestört arbeiten können. Oft bleibt nur das elterliche Schlafzimmer: Ist das eine gute Idee?

Es ist eine Möglichkeit, hat aber auch Nachteile. Die Schlafqualität kann leiden, wenn man im Schlafzimmer auch arbeitet. Merkt man das, sollte man sich eher im Wohnzimmer einrichten. Ich habe das bei mir auch so gemacht, denn Schlaf ist sehr wichtig, gerade für die Arbeitsfähigkeit. Und auch, damit es uns mental gut geht.

Heisst das, man soll Berufliches und Privates auch im Homeoffice besonders gut abgrenzen?

Richtig. Wenn wir arbeiten, sind wir konzentriert und fokussiert auf unsere Aufgaben. Wir brauchen auch Erholungszeit. Trennt man das nicht, kommt die Erholung zu kurz.

Der Arbeitsplatz bedeutet auch sozialer Austausch. Zu Hause fehlt das. Was kann man gegen diese «Vereinsamung» tun?

Eine Möglichkeit sind sogenannte Kaffee-Chats. Arbeitskolleginnen und -kollegen treffen sich online und tauschen sich aus, beruflich und privat. Man fragt, wie es den anderen geht und wie sie mit der Situation umgehen. Man erkundigt sich, ob sie Hilfe brauchen. Auch die Vorgesetzten sollten das mit ihren Mitarbeitenden regelmässig tun.

Arbeitskolleginnen und -kollegen sollten untereinander in Kontakt bleiben, zum Beispiel mit Kaffee-Chats.

In vielen Familien kommt neben dem Homeoffice eine weitere grosse Herausforderung hinzu: Kinder, die sonst in der Schule sitzen, sind jetzt auch zu Hause. Wie geht man damit um?

Das Gute an der Flexibilität im Homeoffice ist: Man kann sich ein Stück weit dem Rhythmus der Kinder anpassen. Unter Umständen kann man früher aufstehen und arbeiten, wenn die Kinder noch schlafen. Oder man nutzt die Zimmerstunde oder den Mittagsschlaf, um ungestört zu arbeiten.

Eltern können auch Open- und Closed-Office-Zeiten einführen. Closed-Office heisst für die Kinder: Jetzt dürft ihr nicht stören. Das muss den Kindern klar kommuniziert werden. Dafür kann man auch visuelle Hilfsmittel benutzen, zum Beispiel die Türe schliessen oder ein Schild mit dem Text «Bitte nicht stören» aufstellen. Nach Möglichkeit vereinbart mit dem Partner, dass er oder sie die Kinder in dieser Zeit übernimmt.

Soll man die Kinder auch bewusst einbeziehen?

Wenn das möglich ist, ja. Eltern können in der Nähe eine Lese-Ecke für die Kinder einrichten, oder eine Ecke, in der die Kinder ruhig spielen können. Falls möglich kann der Nachwuchs mit am Pult sitzen und zum Beispiel etwas malen. Spannend für die Kinder ist auch, wenn man ihnen zwischendurch zeigt, woran man gerade arbeitet.

Bei grösseren Kindern macht es Sinn, zu erklären, warum es wichtig ist, dass man weiterhin arbeitet. Dass man eine soziale Verantwortung wahrnimmt, es schliesslich aber auch der Familie zugutekommt, wenn die Eltern weiterhin Geld verdienen.

Das Interview führte Flurin Maissen.

Kassensturz, 18.03.2020, 21.05 Uhr

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