- Die Eruptionen der Sonne besser verstehen. Das ist das Ziel der Raumsonde «Solar Orbiter», die in Florida mit einer Rakete ins All geschossen worden ist.
- An Bord ist auch ein Röntgenteleskop, das an der Fachhochschule Nordwestschweiz entwickelt wurde.
- «Solar Orbiter» ist ein Projekt der Europäischen Weltraumorganisation Esa. Die Mission ist auf sieben Jahre angelegt.
Zum ersten Mal soll eine Raumsonde die bislang unbekannten Polregionen der Sonne beobachten. Der «Solar Orbiter» hob an Bord einer «Atlas V»-Rakete kurz nach 5.00 Uhr (MEZ) von Cape Canaveral ab.
Mit der Mission möchte man das Weltraumwetter und die Auswirkungen auf die Erde besser verstehen. Auch die bisher kaum erforschten Polarregionen der Sonne stehen im Fokus.
Mithilfe der Anziehungskräfte von Erde und Venus soll sich der «Solar Orbiter» aus der Ekliptikebene herausschwingen, auf der mehr oder weniger alle Planeten um unser Zentralgestirn kreisen, und die Sonne aus einer neuen Perspektive betrachten: von oben und von unten. Die Mission steht unter der Federführung der europäischen Raumfahrtagentur Esa, mit starker Beteiligung des US-Pendants Nasa.
Blick auf die Sonne
Die Nasa erforscht derzeit mit ihrer «Parker Solar Probe» die Sonne aus bisher unerreichter Nähe. Das bedeutet jedoch auch Einschränkungen: Die Nasa-Sonde kann keine Kameras direkt auf unser Zentralgestirn richten, wie Mark McCaughrean, Leitender Berater für Wissenschaft und Erforschung bei der Esa, erklärte. «Solar Orbiter» komme der Sonne nicht ganz so nah, könne dafür aber Kameras auf sie richten und habe ein breiteres Spektrum an Instrumenten an Bord.
Zehn Instrumente trägt der «Solar Orbiter» bis auf etwa 45 Millionen Kilometer an die Sonne heran. Das ist rund ein Viertel der Sonne-Erden-Distanz und näher als der sonnennächste Planet Merkur um unser Zentralgestirn kreist.
Mit dabei ist auch das Röntgenteleskop STIX, das von Forschenden um Säm Krucker von der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) entwickelt wurde. STIX steht für Spectrometer Telescope for Imaging X-rays und soll Spektren und Röntgenbilder aufnehmen.
Stürme im Weltall
Im Fokus steht dabei die Frage, wie sich bei Sonneneruptionen grosse Mengen geladener Teilchen auf sehr hohe Geschwindigkeiten beschleunigen und im Weltraum ausbreiten, sagte Krucker. Der Sonnenwind – der stetige Strom geladener Teilchen, den die Sonne ins All entlässt – wird in solchen Fällen zu einem Sonnensturm. Das kann sich einerseits in ausgeprägten Polarlichtern äussern, andererseits können solche Sonnenstürme auch Störungen an Satelliten, Flugzeugen oder auch Stromnetzen bewirken, wie die FHNW in einer Mitteilung festhielt.
Rätsel der Sonnenphysik
Hinter der 1,5 Milliarden Euro-Mission steckt aber auch die Suche nach Antworten auf eines der grossen Rätsel der Sonnenphysik: Die Oberfläche der Sonne ist nur etwa 6000 Grad heiss, die Sonnenatmosphäre hingegen weist mehrere Millionen Grad auf.
Dieses paradox erscheinende Phänomen geht darauf zurück, dass die Sonne ein Dynamo ist und ein Magnetfeld erzeugt, wie Krucker erklärte. «Wenn magnetische Energie in kinetische Energie umgewandelt wird, kann man heizen.» Noch sei allerdings unklar, wie diese Umwandlung geschehe. Hierzu soll STIX wertvolle Daten liefern, darunter ein Magnetometer, Teilchendetektoren, eine Extrem-Ultraviolett-Kamera und weitere Bildgebungsinstrumente.
Bis dahin muss die Sonde jedoch noch einen weiten Weg zurücklegen: Knapp zwei Jahre braucht «Solar Orbiter» für den Flug.