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Diskussion um Antibaby-Pille «Wir wussten, dass ‹Valette› ein höheres Thromboserisiko zeigt»

Die Pille hat einen zweifelhaften Ruf: Sie schützt vor unerwünschten Schwangerschaften, birgt aber Gesundheitsrisiken für die Frauen. Weltweit erlitten in den vergangenen Jahrzehnten Tausende Frauen Thrombosen und Schlaganfälle. Trotzdem, sagt die Gynäkologin Irène Dingeldein, habe die Pille auch ihre positiven Seiten.

Irène Dingeldein

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Irène Dingeldein ist Gynäkologin und Präsidentin des Fachverbands «Gynecologie Suisse» (Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe, SGGG).

SRF News: Der Hersteller Bayer musste die Resultate von Beobachtungsstudien zu seiner Pille «Valette» auf Anordnung von Swissmedic veröffentlichen. Dabei zeigte sich: «Valette» birgt ein doppelt so grosses Thromboserisiko wie ältere Präparate. Was bedeutet das?

Irène Dingeldein: Wir wussten schon länger, dass die Pille «Valette» ein höheres Thromboserisiko zeigt, als ältere Verhütungspillen. Deshalb verschreibe ich «Valette» nie als erste Wahl. Nur, wenn spezifische Probleme wie Akne oder starke Menstruationsschmerzen vorliegen und die betroffenen Patientinnen nicht auf eine ältere Pille reagieren, erhalten sie «Valette».

Das Thromboserisiko ist bei der Einnahme der Pille achtmal kleiner als dasjenige einer Schwangeren.

Trotzdem setzen sich diese Patientinnen einem höheren Thromboserisiko aus…

Das Thromboserisiko ist immer relativ: Bei der Einnahme einer Pille ist es achtmal niedriger als bei einer schwangeren Frau. Deshalb kann man bei der Pille eigentlich gar nicht von einem hohen Thromboserisiko sprechen – auch wenn es höher ist, als bei Frauen, die keine Pille nehmen.

Nimmt angesichts der Diskussionen um die Pille die Nachfrage der Frauen nach Alternativen bei der Schwangerschaftsverhütung zu?

Diese Nachfrage wächst enorm – vermehrt interessieren sich Frauen auch für eine Verhütung ganz ohne Hormone. So ist die Spirale, auch jene ohne oder mit sehr niedrigen Hormondosierungen, enorm im Kommen. Die Frauen, welche die Pille nehmen, sind schon fast in der Minderheit, auch bei den sehr jungen Frauen.

Die Frauen wollen bei der Verhütung alle zurück zur Natur.

Sie wollen alle zurück zur Natur. Dabei interessieren sich viele für die hormonfreie sympto-thermale Methode. Allerdings ist diese gerade für Jugendliche sicher nicht die beste weil nicht die sicherste Methode.

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Trotzdem werden mit der Antibaby-Pille weltweit immer noch Milliarden umgesetzt. Mit welchen Argumenten versuchen die Pharmamultis, Sie davon zu überzeugen, die Pille zu verschreiben?

Die einzelnen Hersteller versuchen nicht mehr im gleichen Umfang wie vielleicht früher, uns um jeden Preis von ihrem Produkt zu überzeugen.

Die Antibaby-Pille hat auch viele positive Wirkungen.

Insgesamt darf man auch nicht vergessen, dass die Pille viele positive Wirkungen hat: Frauen mit Akne oder mit starken Regelschmerzen profitieren sehr von ihrer Einnahme. Auch ist nachgewiesen, dass die Antibaby-Pille das Risiko für gewisse Krebsarten vermindert.

Nach welchen Kriterien wählen Sie unter den vielen Präparaten die für ihre Patientin geeignete Pille aus?

Als erste Pille verschreibe ich sicher eine ältere Pille der zweiten Generation. Dabei wähle ich nicht nach Hersteller aus. Es gibt einige Zweitgenerationen-Pillen, die als Generika angeboten werden und sehr gut sind.

Das Gespräch führte Daniel Hofer.

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