Kathedrale Notre-Dame: Der Brand und die Bilder danach
Am 15. April 2019 ist das Wahrzeichen von Paris, die Kathedrale Notre-Dame, in Flammen aufgegangen. Millionen Menschen sahen weltweit zu, wie die Pariser Feuerwehr versuchte, den Grossbrand der über 850 Jahre alten Kirche zu löschen. Präsident Emmanuel Macron versprach danach, die Kathedrale innerhalb von fünf Jahren wieder aufzubauen: Schöner denn je, solle Notre-Dame danach sein.
Mittlerweile ist ein Jahr vergangen und nicht nur das Coronavirus stellt für den Wiederaufbau eine Herausforderung dar. Daniel Voll, SRF-Korrespondent in Frankreich, sagt: «Ich würde heute nicht darauf wetten, dass Macron seine Versprechen einhalten kann.» So sei Macrons Terminplan nach Aussagen von Fachleuten schon vor einem Jahr sehr ehrgeizig gewesen. «Heute ist er es nicht weniger.»
Ostern in der Kathedrale Notre-Dame
Bis jetzt gäbe es noch nicht einmal eine Bilanz der Schäden. «Es dürfte Ende 2020 werden, bis eine solche Bilanz vorliegt», so Voll. Er rechnet damit, dass der eigentliche Wiederaufbau in rund einem Jahr starten wird. Denn die Räumung des Brandplatzes ist nicht ganz einfach. So sind beim Feuer rund 400 Tonnen Blei geschmolzen. «Ein grosser Teil der Umgebung der Kirche wurde vergiftet und muss gesäubert werden.»
Die Kathedrale Notre-Dame de Paris heute
Das ist eine aufwendige Arbeit und für das Personal nicht ungefährlich. Sie müssen im Schutzanzug und mit Masken arbeiten, auch bei den Arbeiten an den Fenstern, wo sich Blei abgelagert hat.
Ein weiteres Problem stellte das Baugerüst über dem Mittelschiff dar. Dieses war vor dem Brand für die Renovation des Spitzturms aufgebaut worden.
«Beim Brand haben sich viele Teile dieses Gerüsts verformt», weiss Voll. «Es ist unstabil geworden und wenn es einstürzen würde, dann wäre allein das Gewicht von mehreren Dutzend Tonnen eine enorme Belastung für die Mauern der Kathedrale.»
Mit dem Abbruch dieser Teile hat man extra bis in den Frühling gewartet, weil es im Herbst und Winter in Paris zu stürmisch ist, um solche Arbeiten durchzuführen. Doch nun ist die Baustelle wegen der Coronavirus-Krise geschlossen. «Es ist also fraglich, ob in diesem Jahr noch genügend Zeit bleibt, um das Gerüst abzureisen.» Denn allein der Abbruch dürfte rund vier Monate dauern, so Voll.
Die Mauer hingegen scheint gemäss Experten in einem guten Zustand zu sein. «Die Frage ist bloss, wie man fehlende Teile im Mauerwerk ersetzen kann.» Die originalen Steinbrüche gibt es nicht mehr und offenbar kennen die Fachleute die Technik nicht, mit der die Kathedrale gemauert wurde. Wie Voll sagt, werde das Material nun analysiert und an Methoden getüftelt.
Im Sommer 2020 soll dann offiziell der Architektur-Wettbewerb zur Gestaltung des Daches ausgeschrieben werden. Es geht dabei um die umstrittene Frage, ob der Spitzturm über dem Kirchenschiff durch eine Kopie ersetzt oder, ob das Dach ganz neu gestaltet wird.
Gute Nachrichten gibt es fast nur betreffend Finanzierung. Gemäss Voll scheint eine Milliarde Euro gesichert. Die Stiftung «Notre-Dame» habe nämlich zehntausende mittlere und kleine Einzelspenden erhalten. Am Geld dürfte der Wiederaufbau von Notre-Dame also nicht scheitern.
Sorgen macht der Kirchenleitung jedoch die Befürchtung, dass die Spende-Bereitschaft zulasten anderer Kirchen in Paris und ganz Frankreich geht, die ebenfalls sanierungsbedürftig sind.