«You’ll never walk alone»: die legendäre Hymne des FC Liverpool ist in Corona-Zeiten alles andere als ein weiser Ratschlag. Trotzdem feierten hunderte Fans den vorzeitigen Meistertitel der «Reds» in den Strassen der Metropole – und ignorierten die geltenden Abstandsgebote.
Nach 30 Jahren ohne Titel menschlich verständlich. Im Land mit den meisten Corona-Toten in Europa aber nicht eben ratsam. Rund ums Anfield-Stadion bewahrheitete sich damit, was Virologen als Argument gegen eine Weiterführung der Premier League ins Feld geführt hatten: Angesichts leerer Stadien würden sich Fans einfach ausserhalb sammeln.
Feiern, Furcht und Sonnenbrand
Die feiernden Fans setzten sich auch über den Aufruf von Liverpool-Trainer Jürgen Klopp hinweg. «Das ist für euch! Aber ich hoffe, ihr bleibt zu Hause, oder feiert vor eurem Haus», appellierte der Deutsche in einem TV-Interview an die trinkfreudigen Anhänger.
Die Worte des Kult-Trainers blieben ungehört. Eine offizielle Meisterfeier soll es zwar noch geben. Diese ist aber auf unbestimmte Zeit verschoben.
Die Liverpool-Anhänger sind nicht alleine. Just nachdem Premier Boris Johnson für den 4. Juli eine Lockerung der Corona-Auflagen angekündigt hatte, erreichte eine Hitzewelle Grossbritannien. Im Süden Englands und auch in London kletterten die Temperaturen auf unbritische 33 Grad.
Prompt schwappte eine «Menschenflut» über die Strände, wie die «Daily Mail» titelte. Bei der südenglischen Küstenstadt Bournemouth hinterliessen die sonnenhungrigen Briten zig Tonnen Müll. Social Distancing blieb ein frommer Wunsch.
«Nur durchgeknallte Hunde und Engländer gehen mittags an die Sonne», zitierte der «Daily Telegraph» ein britisches Bonmot. Der «Guardian» erkannte einen «berauschenden Mix von Freiheit, Furcht und Sonnenbrand.»
So fanden auch die mahnenden Worte von Boris Johnson keinen Widerhall. Der selbst schwer an Covid-19 erkrankte Premier hatte seine Landsleute aufgefordert, trotz der Lockerungen vernünftig zu bleiben.
Der Chefmediziner der britischen Regierung versuchte über Twitter, die Sonnenhungrigen zur Raison zu rufen: «Natürlich wollen die Menschen an den Strand und die Sonne geniessen. Aber wir müssen einen Weg finden, der sicher für alle ist.»
Die Lockerung der Corona-Massnahmen stösst in Grossbritannien ohnehin auf Kritik. Das Königreich verzeichnet nach wie vor relativ hohe Ansteckungs- und Todeszahlen. Am Donnerstag verkündete die Regierung, dass weitere 149 Menschen starben, die positiv getestet worden waren. Mittlerweile fielen über 43'000 Menschen dem Coronavirus zum Opfer.