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Mehr Geld für Corona-Forschung «US-Regierung macht eine Wette mit grossem Einsatz»

Die Grossmächte liefern sich bei der Suche nach einem Corona-Impfstoff einen regelrechten Wettlauf. Und das lassen sie sich auch etwas kosten: Am Montag wurde bekannt, dass die USA ihre Investitionen für einen möglichen Corona-Impfstoff verdoppeln, auf rund eine Milliarde Dollar. Das Geld geht an das Biotechnologie-Unternehmen Moderna.

Thomas Häusler

Wissenschaftsredaktor

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Thomas Häusler ist Wissenschaftsredaktor bei SRF. Er hat in Biochemie doktoriert und eine Weiterbildung in Wassermanagement an der Uni Genf absolviert. Seit 2013 ist er Leiter der Wissenschaftsredaktion.

SRF News: Fast eine Milliarde Dollar für ein einziges Unternehmen – wie kommt das?

Thomas Häusler: Moderna hat vor kurzem Resultate aus einer klinischen Studie vorgestellt, die einigermassen positiv aussehen. Das Unternehmen beginnt dieser Tage mit einem kritischen Schritt, nämlich der entscheidenden grossen Wirksamkeitsstudie mit sehr vielen Teilnehmern.

Die Regierung setzt auch bei anderen Firmen auf Risiko und gibt viel Geld aus.

Aber Moderna ist damit nicht allein an der Spitze und das heisst noch lange nicht, dass der Impfstoff am Ende funktionieren wird. Die US-Regierung macht hier schon eine Wette mit hohem Einsatz. Aber sie setzt auch bei anderen Firmen auf Risiko und gibt viel Geld aus. Das zeigt, wie wichtig der US-Regierung ein Impfstoff ist.

Auch Schweizer Firma Lonza könnte Profiteurin sein

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Lonza hat einen Vertrag mit Moderna und soll in den USA und der Schweiz den Impfstoff herstellen. «Drei Produktionslinien bezahlt Moderna, wir kommen für die Kosten der vierten auf», sagte Lonza-Chef Albert Baehny in einem Interview mit der «Luzerner Zeitung».

Lonza profitiere also, erklärt Häusler, gehe aber auch ein gewisses Risiko ein, wenn der Impfstoff gar nicht funktionieren würde. Laut Baehny könne man aber die Anlagen für die Herstellung eines möglichen Impfstoffs auch für andere Herstellungsprozesse verwenden.

Wie soll diese zusätzliche halbe Milliarde konkret eingesetzt werden?

Es geht darum, die Entwicklung der Impfstoffe viel schneller zu machen. Normalerweise dauert es fünf, sechs oder mehr Jahre, bis ein neuer Impfstoff gegen einen Erreger entwickelt ist. Die Entwicklung ist sehr teuer und oft scheitert sie auch. Darum geht eine Pharmafirma normalerweise Schritt für Schritt vor. Das heisst, sie investiert erst in einen nächsten Entwicklungsschritt, wenn der Schritt davor erfolgreich gewesen ist.

Dafür werden die Millionen gebraucht, und einige davon werden wohl auch in den Sand gesetzt.

Momentan ist aber nichts normal. Die Impfstoffe sollten innerhalb von 18 Monaten oder schneller parat sein, heisst es. Und das geht eben nur, wenn viele Schritte parallel gemacht werden. Das heisst, wenn ein Impfstoff noch in den Sicherheitstests ist, werden schon die grossen Wirksamkeitstests vorbereitet und sogar die Produktionsanlagen gebaut. Das alles in dieser Parallelität ist sehr teuer. Dafür werden die Millionen gebraucht, und einige davon werden wohl auch in den Sand gesetzt.

Es ist nicht sicher, ob am Ende tatsächlich ein wirksamer Impfstoff herauskommt. Wenn jetzt alles sehr viel schneller gehen soll: Leidet darunter nicht die Sicherheit?

Auf den ersten Blick könnte man das tatsächlich denken. Ich denke aber, es ist allen Beteiligten klar, dass der Impfstoff sehr sicher sein muss. Er wird ja bei Milliarden von gesunden Menschen eingesetzt werden. Und man weiss auch, dass nicht wenige Menschen gegen Impfstoffe Skepsis hegen. Das heisst: Pharmafirmen, Behörden, Forscher, alle betonen, dass die Sicherheit nicht leiden werde. Man werde alle nötigen Sicherheitschecks machen, einfach zum Teil parallel und nicht hintereinander. So wird auch immer wieder betont, es werde keine Abkürzungen geben.

Für die Entwicklung eines Corona-Impfstoffs werden weltweit viele Milliarden gesprochen. Bleiben da andere Forschungsgebiete auf der Strecke?

Wenn es um Forschung fernab von Corona geht, könnten diese künftig mit Kürzungen konfrontiert sein. Einen Hinweis darauf hat die EU kürzlich gegeben. Sie hat letzte Woche ihr Corona-Paket und den Haushalt über insgesamt 1800 Milliarden Euro beschlossen und hat dabei die Forschung gekürzt. Das letzte Wort ist zwar noch nicht gesprochen, das EU-Parlament will Nachbesserungen bei der Forschung. Trotzdem: Solche Kämpfe wird man in nächster Zeit vermutlich häufiger sehen.

Das Gespräch führte Barbara Büttner.

SRF 4 News, 28.7.2020, 7.45 Uhr ; 

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