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Polizist vor Gericht Warum das Verbreiten von Täterwissen zum Problem werden kann

Ein Polizist soll das Amtsgeheimnis verletzt und die Ermittlungen im Fall Rupperswil gefährdet haben – weil er sogenanntes Täterwissen verbreitete. Ein Gericht hat ihn aber nun freigesprochen.

Wie tötete der Vierfachmörder von Rupperswil die Opfer? Dies war bis zum Gerichtsprozess der Öffentlichkeit nicht bekannt. Im Raum Aarau wussten jedoch bereits einige Tage nach der Tat mehrere Personen die grausigen Details des Mordes.

Die Staatsanwaltschaft ging dieser Sache nach und ermittelte einen leitenden Polizisten, der im privaten Rahmen in der Verwandtschaft geplaudert haben soll. Weil er dies eigentlich nicht durfte, stand er nun wegen Amtsgeheimnisverletzung vor Gericht.

Details, die nur der Täter kennen kann

Die Ermittlungsbehörden stehen in aufsehenerregenden Fällen oft unter dem Druck der Öffentlichkeit, die möglichst viel erfahren möchte. Aber eigentlich sollten die Ermittler möglichst wenig preisgeben. Denn exklusive Informationen sind in einem Verfahren äusserst wichtig.

Die Ermittlerinnen und Ermittler spinnen bei ihrer Aufklärungsarbeit ein Netz aus Informationen rund um die Tat. Mit diesen Informationen konfrontieren sie den Täter bei den Befragungen. Wenn ein Täter plötzlich über Details spricht, die nur er kennen kann – Details, von denen niemand in der Öffentlichkeit weiss –, dann ist dies ein wichtiger Puzzlestein.

Der Vierfachmord von Rupperswil

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Am 21. Dezember 2015 klingelt ein Mann bei einem Haus im aargauischen Rupperswil. Er gibt an, dass er als Schulpsychologe arbeitet und wird von der 48-jährigen Mutter eingelassen. Im Haus trifft er zudem auf ihre beiden Söhne und die Freundin des älteren Sohnes.

Der Mann bedroht den jüngeren Sohn mit einem Messer und zwingt die Mutter, ihren anderen Sohn und dessen Freundin zu fesseln. Anschliessend schickt er die Frau zu verschiedenen Banken, um Geld abzuheben.

Nach ihrer Rückkehr wird auch die Mutter gefesselt. Der mutmassliche Täter missbraucht in einem separaten Raum den 13-jährigen Jungen, bevor er im Anschluss alle vier Opfer tötet. Dann legt er Feuer.

Die Polizei setzt eine 40-köpfige Sonderkommission ein und kann den mutmasslichen Täter im Mai 2016 fassen. Die Behörden hatten für Hinweise die rekordhohe Belohnung von 100'000 Franken ausgesetzt, allerdings ohne Erfolg. Der Vierfachmord von Rupperswil gilt als eines der brutalsten Verbrechen in der Schweizer Kriminalgeschichte.

Gerade bei Indizienprozessen können solche Puzzlesteine wichtig sein. Bei den vielen beteiligten Polizisten in einem Fall braucht es deshalb Diskretion, um die Ermittlungen nicht zu gefährden.

Aargauer Polizeikorps kritisiert Anklage

Das gilt auch für einen Polizisten, der eigentlich mithalf, einen Mörder zu fassen und der dafür sorgte, dass es zu keinen weiteren Taten kam. Im Aargauer Polizeikorps sorgt die Anklage der Staatsanwaltschaft durchaus auch für Kritik – wenigstens in der Familie müsse man doch mit jemanden über solch schreckliche Erlebnisse sprechen können, heisst es dort.

Der Mann hat die Ermittlungen übrigens wahrscheinlich gar nicht gefährdet. Nicht nur Polizisten und der Täter wussten, wie die Opfer ums Leben kamen. Auch zahlreiche Feuerwehrleute waren vor Ort und sahen die schlimmen Bilder. Und: Es lag genug Beweismaterial vor, um den Täter verurteilen zu können.

Die Staatsanwaltschaft hat dennoch Anklage erhoben, aber wohl in erster Linie, weil es sich um ein Offizialdelikt handelt. Das Bezirksgericht Baden hat den Polizeioffizier am Montagabend vom Vorwurf der Amtsgeheimnisverletzung freigesprochen.

Info3 am Abend, 31.8.2020

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