Pollen und Bakterien aus Wäldern in der Luft können starke Regenfälle verursachen. Das zeigen Schweizer Forschende in einer neuen Studie. In Wetter- und Klimamodellen werden solche biologische Partikel bisher nicht berücksichtigt. Roman Brogli von SRF Meteo erklärt, was diese neuen Erkenntnisse für seine Arbeit bedeuten.
Wie überraschend sind diese neuen Erkenntnisse?
Sie überraschen mich generell nicht. Dass kleine Partikel für die Entstehung von Eis in Wolken zentral sind, ist bekannt. Eis in einer Wolke ist in unseren Breitengraden eine Grundvoraussetzung für etwas stärkeren Regen oder Schneefall. Solche Partikel, auch Aerosole genannt, werden in Wetter und Klimamodellen nur rudimentär berücksichtigt. Meistens benutzt man einen jahreszeitlichen Durchschnittswert für Aerosole.
Was ist von den Resultaten zu halten?
Die Studie ist wertvoll, um zu verstehen, wie die Wolkenbildung auf kleinem Raum funktioniert. Dort liefert sie neue Erkenntnisse. Bis solche Resultate einen Einfluss auf die Praxis in der Wettervorhersage haben, ist es jedoch ein sehr langer Weg. Das liegt unter anderem daran, dass Wettermodelle global rechnen und die Welt in sehr groben Pixeln sehen. Die Wolkenbildung findet im Vergleich dazu auf äusserst kleinem Raum statt. Sie wird darum von einem Wettermodell – salopp gesagt – geschätzt und nicht gerechnet. Die Resultate können daher helfen, eine bessere Schätzung der Wolkenbildung zu erreichen. Aber auch dafür braucht es zunächst Tests, ein komplexeres Wettermodell ist nicht automatisch besser.
Inwiefern rechnen die Modelle, die SRF Meteo benützt, Faktoren wie Pollen oder andere Aerosole schon mit ein?
Aerosole werden von unseren Wettermodellen berücksichtigt. Aber wie gesagt nur rudimentär. Den Detailgrad, den wir in der Natur messen oder beobachten können, bilden die Modelle nicht ab. Modelle sind immer eine Vereinfachung der Natur.
Müssen die Modelle und meteorologischen Verfahren überarbeitet werden?
Ja und Nein. Wettermodelle werden laufend weiterentwickelt. Das gilt auch für Prozesse wie die Wolkenbildung. Ich denke aber nicht, dass aufgrund der vorliegenden Studienresultate andere Prioritäten gesetzt werden müssen.
Wie lange sind meteorologische Modelle überhaupt gültig angesichts des Klimawandels – müssen sie immer wieder revidiert werden?
Physik ist die Grundlage klassischer Wettermodelle. Glücklicherweise ändert der Klimawandel die physikalischen Gesetze nicht. Darum bleiben Wettermodelle gültig. Viele Klimamodelle basieren sogar auf Wettermodellen und können aufgrund der physikalischen Grundlagen Projektionen in die Zukunft machen.