Die Armee zieht ihre Einsatzkräfte vorerst aus dem Bergsturzgebiet Blatten im Lötschental ab. Die Lage lasse keinen Einsatz zu, erklärt der Kommandant der Territorialdivision 1, Divisionär Raynald Droz. Er ist zuständig für die Einsatzbereitschaft der Truppen im Lötschental.
SRF News: Was konnte die Armee im Lötschental in den fast zehn Tagen nach dem Bergsturz ausrichten?
Raynald Droz: Wir waren mit schweren Mitteln relativ rasch vor Ort, mit dem Ziel, an den Felsmassen arbeiten zu können. Doch das ist auch jetzt noch zu gefährlich. Wir konnten deshalb die Entwicklung vorerst nur beobachten. Dazu haben wir Infrastruktur eingerichtet, etwa Licht, um dies auch während der Nacht zu ermöglichen. Dazu wurden mit Helikopterflügen Leute ins Bergsturzgebiet eingeflogen.
Können Sie kostenmässig eine Bilanz ziehen?
Das ist noch schwierig zu sagen. Im Einsatz waren die Bereitschaftsverbände der Durchdiener. Sie stehen am Anfang ihrer langen Einsatzzeit. Sie sind in dieser Zeit entweder im Einsatz oder in er Ausbildung. Finanziell ist es kein grosser Unterschied, in welcher Form sie gerade eingesetzt werden. Wir sind froh, diese Leute auch einsetzen zu können. Das ist Sinn und Zweck der Durchdiener in der Schweizer Armee.
Die Truppe war vor allem zum Beobachten verurteilt. Musste sie dafür in Bereitschaft versetzt werden?
Mittlerweile haben diese Aufgabe samt Beleuchtung die zivilen Einsatzkräfte übernommen. Unsere noch jungen Einsatzkräfte konnten aber ihre Fähigkeiten technisch wie taktisch vertiefen. Wir ziehen sie jetzt zurück und machen sie bereit für einen weiteren Einsatz im Lötschental oder sonst irgendwo in der Schweiz.
Die schweren Geräte bleiben in der Gegend, um rasch eingesetzt werden zu können.
Der Abzug hängt mit der aktuellen Gefahrenlage zusammen. Was können Sie dazu sagen?
Die Beurteilung der Gefahrenlage ist definitiv nicht in unserer Verantwortung. Der Spezialist sprach am gestrigen Donnerstag von der Stufe neun auf der zehnteiligen Gefahrenskala. Bevor die Stufe zwei erreicht sei, werde niemand im Bereich der Schuttmassen arbeiten können. Wir ziehen unsere Soldaten nun zurück und halten sie in Bereitschaft, um in wenigen Stunden wieder vor Ort sein zu können. Die schweren Maschinen bleiben allerdings in der Gegend, um rasch wieder eingesetzt werden zu können.
Wird die Armee nach ihrer Einschätzung in Blatten überhaupt noch zum Einsatz kommen?
Das ist sehr schwierig abzuschätzen. Es geht zum einen um eine instabile Masse, die zu einem Drittel aus Eis besteht. Zum anderen rutscht im Couloir weiterhin Gestein nach. Damit ist das Risiko zurzeit viel zu hoch. Es wird noch einige Wochen dauern, bis wir mehr wissen. Es kann aber auch viel länger dauern.
Sie deuteten an, dass sich bei der Truppe eine gewisse Frustration breitmache, weil sie nichts tun kann. Wie hat sich die Stimmung entwickelt?
Bei der Truppe handelt es sich um sehr junge und frisch ausgebildete Leute. Viele von ihnen sind zum ersten Mal in einem solchen Einsatz und nun definitiv nicht mehr in der Komfortzone. Die Jungen sind motiviert, zu helfen. Doch in der bestehenden Lage konnten wir aus Sicherheitsgründen zumindest mit den schweren Mitteln vorerst nicht helfen. Wir mussten vor der Natur vorerst bescheiden zurücktreten.
Das Gespräch führte Nina Gygax.