Zum Inhalt springen

Katastrophe im Lötschental Wie sich die Lage ob Blatten über Tage verschärft hat

Es ist eine Naturkatastrophe historischen Ausmasses: Ein gigantischer Gletschersturz begrub am Mittwoch vergangener Woche das Walliser Dorf Blatten und den Weiler Ried unter sich. Damit ist das schlimmste zu erwartende Szenario eingetreten. Eine Chronologie der Ereignisse.

Samstag, 17. Mai, Nachmittag: Am Kleinen Nesthorn oberhalb von Blatten kommt es zu einem Felsabbruch. Das Geröll landet auf dem Birchgletscher und reisst einen kleinen Teil davon mit. Die Behörden sperren zwei Wanderwege.

Samstag, 17. Mai, Abend: Die Gemeindebehörden ordnen die Evakuation eines Teils von Blatten an. 92 Einwohnerinnen und Einwohner sowie 16 Gäste im Lötschentaler Dorf müssen ihre Häuser und Wohnungen verlassen.

Karte von Blatten (Lötschen) mit hervorgehobenem Gebiet.
Legende: Zuerst wird das südliche Gemeindegebiet bis zum Fluss Lonza evakuiert. zvg Gemeinde Blatten

Montag, 19. Mai, Vormittag: Die Evakuation wird ausgeweitet. Betroffen sind insgesamt rund 300 Personen. Experten fürchten einen massiven Bergsturz in den folgenden Stunden oder Tagen. Es könnten bis zu drei Millionen Kubikmeter Material ins Tal donnern, so Experten. Eventuell könnten sich sogar bis zu fünf Millionen Kubikmeter Geröll und Eis zu Tal bewegen, sagt der Gemeindepräsident von Blatten, Matthias Bellwald, an einer Medienkonferenz.

Montag, 19. Mai, Abend: Ein Teil des Gipfels des Kleinen Nesthorns bricht ab. Um das befürchtete Grossereignis handle es sich nicht, versichert der Regionale Führungsstab Lötschental.

Mittwoch, 21. Mai: Die Lage bleibt angespannt. Es kommt wie tags zuvor zu weiteren kleinen Felsabbrüchen. Der Geröllhaufen auf dem Birchgletscher wächst. Dass der Berg portionenweise abbreche, ohne dass es zu direkten Schäden im Tal komme, sei das beste der denkbaren Szenarien, versichern die Verantwortlichen.

Donnerstag, 22. Mai: Der Druck auf den Birchgletscher wächst. Im Bereich der Gletscherfront gebe es eine Beschleunigung der Bewegung, erklärt Ingenieur Alban Brigger von der Dienststelle für Naturgefahren des Kantons Wallis an einer Medienkonferenz. Am Abend bricht ein weiterer Teil des akut instabilen Gesteins am Kleinen Nesthorn ab.

Freitag, 23. Mai: Der Gletscher bewegt sich erneut schneller. Am Abend stürzt der zuvor höchste Punkt des Kleinen Nesthorns ab.

Samstag, 24. Mai: Weitere Felsabbrüche und Eislawinen. Die Geschwindigkeit der Bewegung des Gletschers steigt. Sie habe sich von Freitag auf Samstag verdoppelt und betrage nun rund vier bis viereinhalb Meter pro Tag, heisst es vom Regionalen Führungsstab.

Sonntag, 25. Mai: Der Gletscher bewegt sich weiter in Richtung Tal. Immer wieder kommt es zu Felsstürzen und Eislawinen. Noch gelangt das Material aber nicht bis ins Dorf Blatten.

Verschneite Berglandschaft mit Geröllfeld.
Legende: Steine stürzen vom Kleinen Nesthorn auf den Birchgletscher. (25. Mai 2025) KEYSTONE/Jean-Christophe Bott

Montag, 26. Mai: Weitere Abbrüche. Der Gletscher sei nach wie vor in Bewegung, zuletzt rund 2.5 bis 3.5 Meter pro Tag, geben die Behörden bekannt. Die grösste Gefahr sei derzeit, dass der Gletscher in einem Mal abbrechen könnte.

Dienstag, 27. Mai: Die Gletscherabbrüche nehmen markant zu. Die Gletscherfront habe sich zuletzt mit einer sehr hohen Geschwindigkeit von rund zehn Metern pro Tag bewegt, teilt der Regionale Führungsstab mit.

Verschneites Gebirge mit steiler Felswand und Bäumen.
Legende: Eines der letzten Bilder der Gletschermasse, bevor sie ins Lötschental stürzt. Sechs Millionen Tonnen schwerer Schutt liegen nun auf dem Birchgletscher. (28. Mai 2025) Keystone/Jean-Christophe Bott

Mittwoch, 28. Mai: Der Kanton Wallis ruft die besondere Lage aus. Wenige Stunden später tritt das Worst-Case-Szenario ein: Das Dorf Blatten und der Weiler Ried werden zum grössten Teil unter einer gigantischen Lawine aus Eis, Schlamm und Geröll begraben und zerstört. Das Wasser der Lonza staut sich am Schuttkegel, bildet einen See und zerstört auch noch die verbliebenen Häuser. Ein 64-jähriger Mann wird nach dem Unglück vermisst. Auch eine Woche später dauert die Suche nach ihm noch immer an.

Donnerstag, 29. Mai: Die Behörden fürchten, dass der See hinter dem Schuttkegel überläuft und einen riesigen Murgang auslöst. Noch am Mittwochabend sind daher Teile der Dörfer Wiler und Kippel evakuiert worden. In Gampel und Steg im Rhonetal werden Brücken gesperrt oder demontiert. Ein Einsatz auf dem Schuttkegel ist nicht möglich. Zu instabil sind die Gesteinsmassen.

Freitag, 30. Mai: Wasser der Lonza fliesst über die gewaltige Geröllhalde. Es bilden sich Bäche und kleine Seen auf dem Schuttkegel. Die Gemeinden unterhalb des Bergsturzes im Lötschental und auch im Rhonetal bereiten sich auf den Ernstfall vor. In Gampel und Steg werden Dämme errichtet. Die Bevölkerung ist angewiesen, sich auf eine mögliche Evakuierung vorzubereiten.

Samstag, 31. Mai: Die Lonza bahnt sich ihren Weg durch den Schuttkegel und fliesst von dort Richtung Stausee Ferden. Am Abend ordnet die Kantonsregierung an, dort die Schleusen zu öffnen. Dies, damit der Stausee im Falle eines Murgangs weiterhin als Rückhaltebecken dienen kann. Denn der Spiegel des Sees steigt wieder, obwohl dieser zuvor entleert worden war.

Montag, 2. Juni: Die Suche nach dem Vermissten wird wieder aufgenommen. Zugleich eröffnet die Staatsanwaltschaft eine Untersuchung in dem Fall. Es gehe darum, herauszufinden, ob der Vermisste gegen eine Anordnung verstossen oder ob er sich in einem Gebiet befunden habe, in dem er sich aufhalten durfte, erklärt die zuständige Staatsanwältin.

Glückskette sammelt für Blatten

Box aufklappen Box zuklappen
QR-Code

Die Glückskette hat eine Sammelaktion gestartet für die Betroffenen im Lötschental. Spenden kann man unter anderem via QR-Code sowie auf der Website der Glückskette.

SRF 4 News, 04.06.2025, 14:30 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel