- Die Polizei hat in der Luzerner Agglo einen organisierten Handel mit Medikamenten und Drogen aufgedeckt.
- 50 Kantons- und Berufsschüler sowie Hochschulstudenten wurden verhaftet.
- Sie sollen aus dem Darknet unter anderem Amphetamine, Marihuana, Ecstasy oder Benzodiazepine bestellt haben.
- SRF News hat mit einem betroffenen Teenager gesprochen.
«Das Ausmass ist erschreckend und sehr ernst zu nehmen», sagt Jürg Wobmann, Chef der Luzerner Kriminalpolizei gegenüber SRF. Die Täter seien zwischen 16 und 21 Jahre alt, die meisten an Kantons- und Berufsschulen. «Viele sind sich der Gefahren kaum bewusst», so Wobmann. Im Rahmen der Ermittlungen wurden unzählige Festnahmen, Hausdurchsuchungen und Befragungen durchgeführt.
Gefährlicher Medikamenten-Cocktail
Aus dem Darknet werden vor allem Amphetamine, Marihuana, Ecstasy und Benzodiazepine bestellt. Dabei handelt es sich vorwiegend um Aufputsch- und Beruhigungsmittel. Sehr oft wurden auch codeinhaltige Medikamente wie zum Beispiel Hustensirup erworben. Vor allem in Verbindung mit anderen Substanzen besteht dabei die Gefahr, dass das Atemzentrum beeinträchtigt wird, was zum Tode infolge Atemstillstand oder Ersticken führen kann. Im Weiteren besteht ein grosses Abhängigkeitspotenzial.
In den Fällen, welche den Luzerner Strafuntersuchungsbehörden inzwischen bekannt sind, konsumierten die Beschuldigten vorerst Amphetamine oder andere aufputschende Mittel, um für die tägliche Leistung in der Lehre oder Schule wach zu sein. Um wieder herunter zu kommen, wurden im Laufe des Tages dann Beruhigungsmittel eingenommen – ein Teufelskreis.
Wenn man zuerst eine Linie Kokain nimmt und nachher das Beruhigungsmittel Xanax, dann kommt das Herz nicht mehr hinterher und weiss nicht, ob es Vollgas geben oder sich beruhigen soll.
Gegenüber SRF sagt ein betroffener Jugendlicher, der anonym bleiben möchte: «Natürlich war der Mischkonsum sehr gefährlich. Wenn man zuerst eine Linie Kokain nimmt und nachher das Beruhigungsmittel Xanax, dann kommt das Herz nicht mehr hinterher und weiss nicht, ob es Vollgas geben oder sich beruhigen soll.» Dennoch: «Es gab Tage, da haben wir uns richtig abgeschossen: Am Morgen Amphetamine, durch den Tag Cannabis und am Abend Valium und Xanax.»
«Gruppendruck war schwierig»
Im Freundeskreis habe man sich die Medikamente weitergegeben. «Es entstand ein Gruppendruck, aus dem schwierig zu entkommen war.» Zudem sei es so auch einfacher gewesen, mit Problemen in der Familie und in der Schule zurechtzukommen. Und: «Es war vor allem auch Neugier, man will etwas Neues kennenlernen und ausprobieren.»
Bei den mutmasslichen Tätern handelt es sich um Jugendliche und junge Erwachsene, welche insbesondere in der Agglomeration der Stadt Luzern leben. Die Staatsanwaltschaft und Jugendanwaltschaft haben Untersuchungen wegen Verstoss gegen das Betäubungsmittelgesetz, Urkundenfälschung, Betrug und Diebstahl aufgenommen. So müssen verurteilte Jugendliche auch mit Einträgen ins Strafregister rechnen.
Schock für die Eltern
Die Eltern der Beschuldigten waren sich laut Polizeiangaben mehrheitlich nicht bewusst, wie stark ihr Kind bereits von den Substanzen abhängig war. Felix Wahrenberger von der Fachstelle «Akzent Prävention und Suchttherapie» in Luzern rät den Eltern, mit den Jugendlichen im Gespräch zu bleiben.
Ich habe gemerkt, dass es mir nicht gut geht und dass auch andere darunter leiden.
Dass es so nicht weitergehen kann, war auch dem Jugendlichen bewusst. Er sagt gegenüber SRF: «Ich habe gemerkt, dass es mir nicht gut geht und dass auch andere darunter leiden. Neben mir schadete ich natürlich auch meinen Eltern und weiteren Personen, die ich gerne habe und die mich gern haben.»