Vogelgezwitscher, Nebel, Mondschein oder das Bächlein, das rauscht – die Natur und die Schönheit der Heimat sind präsent in den Gedichten des Solothurner Mundartdichters Josef Reinhart. Zahlreiche seiner Gedichte wurden zu bekannten Schweizer Volksliedern: «D Zyt isch do», aber auch «Mys Briefli» oder «Der Heimetvogel».
«Seine Texte sind eingängig, mit klaren Bildern und leicht verständlich», sagt Klaus Wloemer. Der ehemalige Lehrer und christkatholische Pfarrer erforscht das umfangreiche Werk von Reinhart. Dass Reinharts Gedichte zu Volksliedern wurden, überrascht ihn darum nicht.
Mitten in der Natur, die Josef Reinhart in seinen Gedichten beschreibt, ist er vor 150 Jahren geboren – im Galmis, einem ländlichen Tal oberhalb der Stadt Solothurn. Dass der Bauernbub einmal ein bekannter Schriftsteller werden würde, lag nicht auf der Hand. Eigentlich hätte er den elterlichen Hof übernehmen sollen.
Reinhart war aber schon als Kind ein Bücherwurm, schrieb selber Geschichten. Gegenüber Radio Bern, einem Vorgänger von SRF, erzählte er, wie seine Mutter ihn unterstützt, aber auch beraten habe. So kritisierte sie zum Beispiel seine Abenteuergeschichte über einen Bären: «Sie hat zum Fenster hinausgezeigt. Schau dort in der Matte, die Amsel! Schau, wie sie den Kopf in den Boden hineinsteckt, wie sie mit den Federn flattert. So etwas musst du erzählen: Etwas, was du mit den eigenen Augen gesehen hast.»
Dieser Maxime blieb er treu. Er schrieb über das Galmis, über die Leute und die Erlebnisse und über die Natur. Reinhart durfte das Gymnasium besuchen, wurde Primar- und Bezirkslehrer und schliesslich Deutschprofessor am Lehrerseminar in Solothurn. Und er schrieb: 160 Erzählungen sind überliefert, zwei Drittel davon auf Mundart.
Die Gedichte von Josef Reinhart handeln oft von der Heimat, die er bewahren wollte. Fortschritt war ihm ein Gräuel: Er störte sich an den Jugendlichen, die in der Stadt Solothurn Foxtrott tanzten; an Bananen (da man ja auch essen könne, was auf den eigenen Feldern wächst) oder an der Eisenbahn.
Josef Reinhart hatte eine wunderbare Gabe zur Schlichtheit.
Trotzdem lohne es sich auch heute noch, die Gedichte des Mundartdichters Reinhart zu lesen, ist der Solothurner Schauspieler und Hörspielsprecher Ueli Jäggi überzeugt: «Josef Reinhart hatte eine wunderbare Gabe zur Schlichtheit. Diese emotionale Schlichtheit macht ein solches Gedicht auch so berührend.»
Auch Forscher Klaus Wloemer will Josef Reinhart nicht auf die Heimatliteratur reduzieren. Zwar habe die Welt bei Reinhart eine sinnvolle und gute Ordnung: «Er stellt die Ordnung nicht in Frage, aber er kritisiert ihre Auswüchse. Dort, wo diese Ordnung Menschen unterdrückt oder den einzelnen Menschen nicht mehr gerecht wird.» Zu lesen in weniger bekannten Gedichten von Josef Reinhart.