Der Rohr-Hersteller Benteler Steel/Tube will per Ende Jahr seinen Standort in Rothrist schliessen. Rund 300 Angestellte verlieren ihren Job. Das Unternehmen mit Sitz in Salzburg (A) sieht keine Chance mehr für das Werk.
Benteler macht Stahlrohre für die Autoindustrie. Das Werk ist auf die Herstellung von geschweisst gezogenen Rohren spezialisiert. Es stellt Komponenten für den Antriebsstrang von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor her.
Die Nachfrage nach solchen Rohren sinkt weltweit. Zudem steigen die Produktionskosten weiter an. Das trifft die Rohrproduktion in Rothrist heftig. Die Schliessung erfolge trotz intensiver Anstrengungen und Optimierungsmassnahmen und Initiativen zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit, hält der Konzern fest.
Chance verpasst?
Die Gewerkschaft Angestellte Schweiz fordert in einer Mitteilung, dass Benteler den Mitarbeitern bei der Suche nach einer neuen Beschäftigung helfen und Weiterbildungen anbieten müsse. «Der Benteler-Konzern hat es verpasst, die Produkte des Standorts Rothrist dem Trend hin zur Elektromobilität anzupassen», kritisiert die Gewerkschaft.
Das Beispiel Benteler soll für andere Industrieunternehmen eine Warnung sein.
Die Gewerkschaft geht noch weiter: «Das Beispiel von Benteler in Rothrist soll für andere Industrieunternehmen eine Warnung sein. Die Welt schreitet schnell Richtung Cleantech voran.»
Die Gewerkschaft Unia spricht von einem «inakzeptablen» Vorgehen, das von einer Geringschätzung des Personals zeuge. Unia müsse als grösste Sozialpartnerin in die Ausarbeitung der Sozialpläne involviert werden.
Benteler bedauert Entlassungen
Hat Benteler es verschlafen, auf Elektromobil-Produktion umzustellen? «Stimmt nicht», sagt eine Sprecherin der Firma auf Anfrage von SRF. Man habe nach alternativen Produkten für Elektroantriebe gesucht, dies sei aber aus technischen Gründen nicht möglich.
«Wir bedauern sehr, die Schliessung des Werkes Rothrist per Ende 2023 planen zu müssen.» Das sei eine schwierige Nachricht für die Mitarbeitenden, «von denen viele bereits seit vielen Jahren bei uns beschäftigt sind».
Benteler will ein Konsultationsverfahren mit der Mitarbeitenden-Kommission einleiten. Ein respektvoller Umgang mit den Angestellten stehe im Mittelpunkt.
Wechsel auf E-Fahrzeuge läuft
Urs Steinemann, Präsident des Drehteileverbands Swiss Precision, sieht mehrere Probleme der Schweizer Autozulieferer. «Ein E-Fahrzeug benötigt zehnmal weniger Teile als ein Verbrennungsfahrzeug.» Zudem müssten viele E-Fahrzeugteile nicht so präzis sein, wie jene für Verbrennungsmotoren. Bei hochpräzisen Teilchen sei die Schweiz führend. Weniger präzise Teile können auch andere herstellen, im Ausland allenfalls.
Steinemann führt die Firma Häni Technology in Arch (BE), die unter anderem für die Autoproduktion Präzisionsdrehteile herstellt. Man spüre seit Längerem, dass weniger Fahrzeuge hergestellt würden. Seine Firma produziere unterdessen Teile für E-Fahrzeuge, weitere seien geplant.
Dieser Ausbau laufe auch im Aargau, sagt Beat Bechtold, Direktor der Aargauischen Industrie- und Handelskammer. Viele Unternehmen satteln um. «Die hohen Energiekosten machen allen Metallerzeugnis-Firmen zu schaffen», sagt er.
Unsicherheit ist Gift für die Wirtschaft.
Urs Steinemann von Swiss Precision findet, der Automobil-Branche fehle die Planungssicherheit. Treiben Batterien die Autos an? Etwas anderes? «Unsicherheit ist Gift für die Wirtschaft. Das kann die Branche aber nicht allein lösen.»