Im Grunde genommen ist der Tod immer ein Vollender. Er bringt Abschluss und Rundung. Er hebt jedes Menschenleben zu einem vollkommenen Kunstwerk, in welches hineinzuwünschen nichts mehr gibt. (Heinrich Danioth, 1926)
Was Heinrich Danioth damals über den Tod eines Künstlerfreundes sagte, könnte auch auf den Urner Maler selbst zutreffen. 70 Jahre nach dem Tode Danioths hat die Urner Dätwyler Stiftung jüngst eine neue digitale Plattform zu dessen Werk vollendet.
Der Abschluss des Projekts markiert zugleich einen Neuanfang. Eine neue Möglichkeit nämlich, mit dem Künstler in den Dialog zu treten.
Weiterführende Informationen
Verantwortlich für die Inhalte ist Kunsthistorikerin Christine Szkiet. Sie sagt: «Um Wissen anzueignen, braucht es Geschichten. Und die gibt es nur, wenn Informationen in die gesellschaftlichen und politischen Umstände seiner Zeit eingebettet sind.»
Und so lässt sich Danioth in Text, Bild und Ton entdecken. Ausgehend von seinen Werken, aber auch den Einflüssen von anno dazumal.
Seine Kunst löste Empörung aus
1896 in Altdorf geboren und 1953 in Flüelen verstorben, kennt heute wohl jedes Kind Danioths Teufel bei der Urner Schöllenenschlucht. Ein knallrotes Wandbild, das seinerzeit für Empörung sorgte. Es hiess, der Teufel sehe nicht so aus.
Auch das Werk «Fundamentum» beim Bundesbriefmuseum in Schwyz löste einen veritablen Kunststreit aus. Die moderne Umsetzung des «Schweizerischen» und «Nationalen» war der damaligen Gesellschaft nicht geheuer.
Hier hat Heinrich Danioth Spuren hinterlassen
Doch viel Farbe und spezielle Perspektiven sollten Danioths Markenzeichen bleiben. Der Expressionismus hatte ihn geprägt. Von Malstilen dagegen, wie sie etwa Albert Anker pflegte, grenzte er sich ab.
Von Nazi-Deutschland geprägt
Szkiet ist Kunsthistorikerin und arbeitet an der Pädagogischen Hochschule Luzern am Institut für Geschichtsdidaktik und Erinnerungskulturen. Mehrere Jahre hat sie zu Danioth geforscht. Sie macht keinen Hehl daraus: Heinrich Danioth war und blieb ein «Regionalkünstler». Nur wenige Wochen war er im Ausland, die meiste Zeit seines Lebens verbrachte er im Kanton Uri.
Die Erkenntnis, dass nur der engbemessene Boden meiner kleinen Heimat Blatt und Frucht aus mir treibt, formt sich je länger je mehr zum festen Gesetz. (Heinrich Danioth, 1929)
Als Künstler seiner Heimat verschrieben
Seine Bedeutung in der europäischen Kunstgeschichte sei nicht wahnsinnig gross, sagt Szkiet. Das lag aber vor allem am Zeitraum seines Schaffens. Als Maler, Zeichner, Grafiker, Theater-Autor und Dichter war Danioth vorwiegend in der Zwischenkriegszeit 1918 bis 1945 aktiv. Ausgerechnet in einer Zeit, in der die moderne Kunst mehr und mehr verpönt war.
«Ab 1936 haben die Deutschen die moderne Kunst als entartet diffamiert und schliesslich auch verboten», sagt Szkiet. Dieser Widerstand schwappte auch in die Schweiz über. Die Frontisten, die Schweizer Anhänger des Nationalsozialismus, hätten behauptet, Danioth sei ein Kunstverderber. «Auch dies hat natürlich dazu geführt, dass er keinen internationalen Rang erlangt hat.»
Dass Danioth zumindest posthum auf nationaler Ebene noch mehr Ehre zuteilwird, dazu will die neue digitale Plattform ihren Beitrag leisten. Christine Szkiet: «Heinrich Danioth hätte sicherlich Freude daran gehabt, wenn er gesehen hätte, was wir aus seinem Werk im Internet gemacht haben.»
Meine Heimat ist, fürwahr, Prunkkammer Gottes und der Irrgarten des Teufels, zu gleichen Teilen. (Heinrich Danioth, 1942)