SRF News: Wie schlimm ist der Abbau von Stimmlokalen aus demokratiepolitischer Sicht?
Daniel Bochsler: Natürlich hätten die meisten Leute lieber viele Stimmlokale, sodass alle direkt vor ihrer Haustür abstimmen könnten. Aber es ist eine Realität, dass die Leute brieflich abstimmen und die Frequenz in den Stimmlokalen in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen ist.
Gäbe es Möglichkeiten, Stimmlokale attraktiver zu machen?
Ich würde eher darüber nachdenken, wie man die briefliche Stimmabgabe attraktiver machen könnte, denn sie ist heute in allen Kantonen die wichtigste Form der Stimmabgabe.
Wie könnte man das Abstimmen per Post attraktiver machen?
Ein Punkt sind die riesigen Unterschiede beim Porto. Dabei geht es zwar nicht um viel Geld, aber einige Gemeinden und Kantone frankieren die Antwortcouverts vor, und das baut eine kleine Hürde beim Stimmvorgang ab. Ein anderer Punkt sind die unglaublich vielen ungültigen Stimmen bei der brieflichen Stimmabgabe. In den meisten Fällen vergessen die Leute, den Stimmausweis zu unterschreiben. Man müsste also Strategien entwickeln, Stimmbürger auf ihre Fehler hinzuweisen, sodass sie es nicht über Jahre falsch machen.
Stimmlokale seien mehr als blosse Briefkästen und wichtig für eine lebendige Demokratie, beklagen Kritiker des Abbaus. Das hat doch was?
Das stimmt. Früher waren Stimmlokale der beste Ort, um Unterschriften für Initiativen und Referenden zu sammeln. Heute beklagen sich viele über eine angebliche Initiativenflut. Sie sagen, das Unterschriftensammeln sei mit dem Internet viel zu einfach geworden. Aber der Ort, wo Sie wirklich Unterschriften sammeln könnten, nämlich die Abstimmungslokale, sind heute bedeutungslos geworden.
Das Gespräch führte Max Akermann.