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Abgabe von Medikamenten Pflegeheim in der Kritik: Hilfskräfte setzten Morphin-Spritzen

In Schweizer Altersheimen leisten Assistenzpflegende und Pflegehelferinnen auch mal allein Nachtschicht. Die Hilfskräfte haben oft nicht mehr als einige Wochen Grundausbildung beim Schweizerischen Roten Kreuz absolviert und verfügen über wenig Kompetenzen im pflegerischen Bereich. 

Nun soll es in einem Senevitaheim im Westen von Bern zu Kompetenzüberschreitungen gekommen sein. Nachtwachen schildern gegenüber der «Rundschau», dass sie angehalten gewesen seien, den Bewohnenden bei Bedarf Medikamente abzugeben und gar Morphin zu spritzen. Dies, obwohl ihnen dazu die nötige Ausbildung gefehlt habe.

Die Nachtwache hat jeweils selbst entscheiden müssen, wann sie eine Dosis spritzen soll.
Autor: Assistenzpflegerin Senevitaheim in Bern

Eine Assistenzpflegerin erzählt: «Das Morphin war im Kühlschrank bereit, mit Name und Datum des Bewohners. Diejenige, die Dienst hatte, hat es gespritzt.» Die Nachtwache habe jeweils selbst entscheiden müssen, wann sie eine Dosis spritzen soll. Wie das geht, habe man ihr direkt am Arbeitsplatz gezeigt.  

Eine andere ehemalige Nachtwache aus dem Heim in Bümpliz erzählt, die Fachpersonen hätten die aufgezogenen Spritzen im Kühlschrank bereitgelegt. «Jeder konnte sich da bedienen. Die Kühlschranktür war offen.» Der «Rundschau» liegen Dokumente vor, die auf diese Praxis hinweisen.

Pflegefachverband ist «schockiert» 

Der Pflegefachverband SBK ist schockiert über die Aussagen. Christine Bally, Leiterin der Abteilung Bildung beim SBK, sagt der «Rundschau»: «Es ist unglaublich, dass es das gibt.» Es sei gefährlich, wenn nicht qualifiziertes Personal Medikamente nach Bedarf abgibt oder gar Morphin spritzt.

Die Kompetenzen von Pflegehelferinnen und Assistenzpersonal seien beschränkt: «Sie dürfen keinen Umgang mit Medikamenten haben. Es ist eine klare Kompetenzüberschreitung.» Bally kritisiert auch den Umstand, dass Morphin offenbar in einem frei zugänglichen Kühlschrank gelagert worden ist. 

Jede Pflegeassistenz kann sich in der Nacht jederzeit an den Pikettdienst wenden.
Autor: Senevita Anbieterin betreutes Wohnen und Langzeitpflege

Senevita weist die Vorwürfe der ehemaligen Angestellten zurück. Man halte sich an die gesetzlichen Vorgaben, was Aufbewahrung und Verabreichung von Medikamenten betrifft. Ausserdem sei ausgebildetes Pflegepersonal Tag und Nacht erreichbar. «Jede Pflegeassistenz kann sich in der Nacht jederzeit an den Pikettdienst wenden, welcher erreichbar ist und gemäss den gesetzlichen Vorgaben innert 30 Minuten vor Ort ist, wenn dies erforderlich ist», teilt Senevita mit, die in der Schweiz eine führende Anbieterin im Bereich betreutes Wohnen und Langzeitpflege ist.

Einer Patientin im Spitalbett wird eine Morphin-Spritze gesetzt.
Legende: Ehemalige Angestellte eines Berner Pflegeheims erzählen: Während der Nachtschicht sei nur Hilfspersonal vor Ort gewesen – und dieses habe die Morphin-Spritzen gesetzt. Symbolbild: Shutterstock/TRADOL

Weiter schreibt Senevita, man überprüfe den Prozess der Medikamentenabgabe laufend und habe im Rahmen der «Rundschau»-Anfrage erneut «Sensibilisierungsmassnahmen» eingeleitet, um die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen nachhaltig sicherzustellen.

Kanton erlaubt Pikettregelung

Die Pikettregelung von Senevita wird von den Behörden des Kantons Bern gutgeheissen. Laut Gundekar Giebel, Sprecher der Gesundheitsdirektion, ist es im Kanton Bern zulässig, dass Hilfskräfte ohne formale Ausbildung allein Nachtwache machen – das sei als Ausnahmeregelung gedacht. Den Vorwürfen der ehemaligen Hilfskräfte werde die Aufsichtsbehörde nachgehen.

Der Pflegefachverband kritisiert die Regelung des Kantons Bern und bezeichnet sie als «fahrlässig». Hilfskräfte verfügten nicht über die Kompetenzen, im Notfall zu handeln. «Zudem ist ein Pikett niemals schnell genug vor Ort», sagt Christine Bally.

«Rundschau»

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«Rundschau»

Mehr zum Thema in der « Rundschau » um 20.05 Uhr auf SRF 1.

SRF Rundschau, 25.01.2023, 20:05 Uhr

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