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Abstieg FC Sion Resignation im Wallis: «Abstieg verdient – schuld ist Constantin»

«Abstieg mit Ansage», «das geschieht Christian Constantin recht»: So reagiert das Wallis am Tag danach. Die Hoffnung liegt in der Zukunft – ohne die Familie Constantin.

Ein zweitklassiger FC Sion: Nach 17 Jahren steigen die Walliser erstmals aus der Super League ab. Dominiert nun die grosse Enttäuschung? Nicht im Wallis. Klar gibt es enttäuschte Gesichter, niedergeschlagene Fussballfans, frustrierte Walliserinnen und Walliser. Am Tag nach der Barrage-Niederlage gegen Lausanne Ouchy überwiegen aber vor allem Gleichgültigkeit, Pragmatismus, Ernüchterung.

Enttäuschter FC Sion Fan
Legende: Enttäuschung bei den Fans 2017, als der FC Sion den 14. Cuptitel verpasste. Jetzt dominiert die Resignation. KEYSTONE/Olivier Maire

«Für die meisten ist das eine logische Konsequenz aus sportlichem und wirtschaftlichem Missmanagement über all die Jahre verteilt», sagt etwa Simon Kalbermatten, Experte für den FC Sion beim Walliser Radio Rottu, der den Klub seit vielen Jahren begleitet. «Wenn man alles zusammenzählt, muss man ganz ehrlich sagen, ist der Abstieg absolut verdient.»

Ist der FC Sion noch das Wallis?

«Ich schaue jedes Spiel in Sitten, aber das ist eine Sauerei. Seit Jahren ging es nur bergab. Es ist richtig, dass sie absteigen», erzählt ein Oberwalliser am Tag nach der Niederlage. Ein anderer Oberwalliser meint, man könne sich auch nicht mehr mit dem Klub identifizieren – auch wenn der FC Sion sonst das Wallis vereint. Er fragt rhetorisch: «Ist der FC Sitten noch das Wallis?»

FC Sion Präsident Christian Constantin
Legende: Für viele Fans ist klar: FC Sion-Präsident ist schuld an der Misere. KEYSTONE/Jean-Christophe Bott

Was auf den Strassen etwa in Brig und Visp, aber auch bei Hörerinnen und Hörern von Radio SRF immer wieder genannt wird: die grosse Unzufriedenheit mit dem Klub. «Wer schuld ist? Der ganze Staff, mit dem Präsidenten, dem Sportchef», heisst es.

Ohne Familie Constantin in die Zukunft

FC-Sion-Fan Mischu meint: «Es gibt nichts Besseres, als dass sie jetzt absteigen. Sie sollen von vorne beginnen, Schwung holen, im Wallis wieder Euphorie entwickeln und danach wieder in der Super League durchstarten.»

Ein Neuanfang in der Challenge League – so der Tenor – und zwar «ohne die Constantin Familie», sagt ein Mann auf der Strasse stellvertretend für viele weitere Stimmen aus dem Wallis.

Der Abstieg bringt eine grosse Chance mit sich.
Autor: Simon Kalbermatten Experte FC Sion bei Radio Rottu

Auch für den FC Sion-Experten Simon Kalbermatten ist klar, dass es nun Änderungen brauche. Änderungen in der Vereinsführung. Man solle aber auch vermehrt versuchen, die einheimischen Spieler zu fördern und in die Mannschaft zu integrieren: «Der Abstieg bringt eine grosse Chance mit sich.»

«FC Constantin» vor dem Ende?

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Ein absurdes Trainerkarussell, das gescheiterte Experiment Balotelli, Wutausbrüche: Das Vater-Sohn-Duo mit Präsident Christian und Sportchef Barthélémy Constantin sorgt immer wieder für Diskussionen.

Um den Beginn dieser Entwicklung ausfindig zu machen, müsse man ganz weit zurückblicken, meint der FC-Sion-Experte Hans-Peter Perchtold, der seit Jahrzehnten den Fussballclub begleitet.

Umstrittene Mechanismen

Als Christian Constantin vor knapp 30 Jahren als junger Präsident beim FC Sion begann, fiel er gleich mit einer umstrittenen Entscheidung auf. Er entliess den Trainer Jean-Paul Brigger, auch wenn er mit seinem Team auf dem dritten Platz stand. «Die Mechanismen von CC kann man nicht verstehen. Zu Beginn sind sie aufgegangen, danach aber nicht mehr. Trotzdem sind sie immer noch dieselben», sagt Bechtold. Es sei unglaublich, dass er nichts daraus gelernt habe.

CC will gehen

2024 sei Schluss, hat Christian Constantin angekündigt. «Mit der Abgabe des FC Sitten ist es ihm wirklich ernst», so der Experte. Es sei ihm bewusst geworden, dass er viel Geld investiert habe, aber nichts herausgekommen sei. «Constantin hat jetzt ein Jahr Zeit für einen guten Übergang.»

Ein Abstieg sei auch immer eine Chance, das habe auch der FC Zürich bewiesen. «Eine Chance für einen Neuanfang, mit vernünftigen Mitteln und einer anderen Basis.» Ohne Christian Constantin.

Präsident Christian Constantin habe klar betont, dass er noch ein Jahr weitermache, meint Kalbermatten. «Wenn es ihm gelingt, nicht immer in die Opferrolle zu schlüpfen, nicht immer die Schuld bei den Schiedsrichtern zu suchen und mit der nötigen Selbstreflexion ans Werk zu gehen, könnte es ihm recht schnell gelingen, die Leute wieder ins Stadion Tourbillon zu holen – auch gegen Schaffhausen, Thun und Aarau.»

Nicht alles von Constantin war schlecht

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«Christian Constantin steht im Wallis heute massiv in der Kritik. Viele Fans finden, er sei an allem schuld und habe den FC Sitten mit sich in den Abgrund gerissen», sagt SRF-Wallis-Korrespondent Roger Brunner.

Bei all der Enttäuschung und Resignation gehe aber vergessen, dass der FC Sion unter Constantin auch grosse Erfolge gefeiert habe. «Er hat sehr viel Gutes gemacht und viel Geld investiert. Wenn er nicht da gewesen wäre, wäre der FC Sion schon lange nicht mehr in der höchsten Klasse.»

Jürgen aus Naters, der sich aktuell nicht mehr zu den FC-Sion-Fans zählt, rät seinen Landsleuten: «Nehmt es easy. Es wird wieder eine Zeit kommen, in der die Mannschaft wie damals spielt. Dann gehen wir wieder alle nach Sitten und haben ein riesiges Fest.»

Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 07.06.2023, 12:03 Uhr ; 

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