Darum geht es: Das Solothurner Stimmvolk entscheidet am 22. September, wer in Zukunft die Staatsschreiberin oder den Staatsschreiber wählt. Bis jetzt ist dies Aufgabe des Parlaments, des Kantonsrats. Neu soll dies die Regierung übernehmen. Dasselbe gilt für die Staatsschreiber-Stellvertretung. Mit der Änderung würden Staatsschreiberin und Stellvertreter den Beamtenstatus verlieren.
Heutige Situation: Die Solothurner Kantonsverfassung versteht einen Staatsschreiber oder eine Staatsschreiberin heute als Unterstützung von Regierung und Parlament. In Artikel 83 ist geregelt: «Die Staatskanzlei ist die allgemeine Stabsstelle des Regierungsrates und des Kantonsrates.» Dies entspricht allerdings seit Jahrzehnten nicht mehr der Praxis. Seit 1989 hat der Kantonsrat nämlich ein eigenes Ratssekretariat. Seit diesem Zeitpunkt habe sich eine klare Aufgabenteilung zwischen dem Ratssekretariat und der Staatskanzlei eingespielt, heisst es im Abstimmungsbüchlein: «Die Regelung in der Verfassung […] wurde so zum toten Buchstaben.»
Angestrebtes Ziel: Bereits 2021 hat der Kantonsrat entschieden, die Aufgaben- und Rollenteilung zwischen der Staatskanzlei und dem Parlamentsdienst – zu dem das Ratssekretariat gehört – zu klären. Mit der vorgeschlagenen Verfassungsänderung soll der Staatsschreiber nicht nur die Regierung unterstützen, sondern auch von ihr gewählt werden. Damit werde «der Grundsatz der Gewaltenteilung gestärkt», heisst es weiter.
Was sagen die Parteien? Der Kantonsrat stimmte der Verfassungsänderung mit 72 zu 21 Stimmen zu, bei einer Enthaltung. Für SP-Kantonsrätin Nadine Vögeli ist es «logisch», dass die Regierung ihre eigene Stabsstelle wählen kann: «Wir wollen ja als Kantonsrat auch nicht, dass uns der Parlamentsdienst vor die Nase gesetzt wird», sagte sie gegenüber SRF. Als einzige Partei stellt sich die SVP gegen die Neuerung. «Das Parlament würde so entmachtet», argumentiert der Solothurner SVP-Parteipräsident Remy Wyssmann. Die Stabsstelle müsse vom Parlament gewählt werden. Nur so könne das Parlament eine Kontrollfunktion ausüben, sollte der Staatsschreiber seinen Aufgaben nicht nachkommen.
Wie ist es in anderen Kantonen? In acht Kantonen arbeitet die Staatsschreiberin oder der Staatsschreiber gemäss Kantonsverfassungen für Regierung und Parlament (im sogenannten Kooperationsmodell). Es ist zudem unterschiedlich geregelt, wer den Staatsschreiber wählt oder anstellt. Laut dem Solothurner Abstimmungsbüchlein liegt die Zuständigkeit in 11 Kantonen beim kantonalen Parlament, in 15 Kantonen bei der Regierung (Stand 2023).