Darum geht es: Gemäss Artikel 293 des Strafgesetzbuches wird jemand mit einer Busse bestraft, der aus Akten, Verhandlungen oder Untersuchungen einer Behörde, die per Gesetz oder durch Beschluss der Behörde als geheim erklärt worden sind, veröffentlicht. Die parlamentarische Initiative von alt Nationalrat Jo Lang (AL/ZG) aus dem Jahr 2011 forderte die ersatzlose Aufhebung des Artikels.
Der Entscheid: Als Erstrat hatte sich der Nationalrat oppositionslos dagegen ausgesprochen, den Artikel zu streichen. Er plädierte aber für eine Anpassung der Strafnorm. Die Publikation von Geheimnissen sollte demnach nur noch strafbar sein, wenn ihr ein zwingendes Geheimhaltungsinteresse entgegensteht.
Im Ständerat – dem Zweitrat – überwog nun ebenfalls die Überzeugung, dass die Veröffentlichung amtlicher Geheimnisse teilweise straflos werden soll. Ausschlaggebend ist künftig, ob ein überwiegendes öffentliches Interesse besteht. Dieses muss ein Gericht feststellen. Der Entscheid fiel mit 32 zu 11 Stimmen bei einer Enthaltung.
Die Argumente:
- Jo Lang hatte seinen Vorstoss damit begründet, dass die Medien- und Meinungsäusserungsfreiheit mit dem Artikel zu stark eingeschränkt werde.
- Im Ständerat setzte sich eine Minderheit für die Streichung des Straftatbestandes ein. Der Gesetzesartikel sei vor allem ein Maulkorb für Journalisten, sagte Daniel Jositsch (ZH/SP).
- Der Mehrheit in der kleinen Kammer ging die Forderung nach einer vollständigen Aufhebung zu weit. Sie würde zu einer Lücke im Geheimnisschutz führen.
Die Reaktionen: Bundesrätin Simonetta Sommaruga begrüsste die vorgeschlagene Änderung, obwohl der Bundesrat sich 1996 einst selbst für eine Streichung von Artikel 293 ausgesprochen hatte. Amtsgeheimnisverletzungen, wie etwa der Verrat von militärischen oder Staatsgeheimnissen, seien durch andere Bestimmungen geschützt und von der Änderung des Artikels 293 nicht betroffen. Auch der Quellenschutz bleibe unangetastet, betonte Sommaruga.
Mit der Änderung werde das geltende Gesetz zudem der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) angepasst. Dieser hatte die Schweiz in den vergangenen Jahren mehrfach gerügt: Die Richter sollten stets die Geheimhaltungsinteressen des Staates und die Medienfreiheit gegeneinander abwägen. Das wäre mit der Gesetzesänderung gewährleistet.
So geht es weiter: Das Geschäft ist nun bereit für die Schlussabstimmung.