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Änderung Jugendstrafrecht Ständerat will Verwahrung im Jugendstrafrecht diskutieren

Der Rat ist auf eine entsprechende Gesetzesvorlage eingetreten. Doch von Experten kommt Widerspruch.

Minderjährige Jugendliche, die einen Mord begangen haben, sollen nach Abschluss der Schutzmassnahmen verwahrt werden können. Dies, wenn sie für Dritte immer noch gefährlich sein könnten. So will es der Bundesrat. Das bürgerliche Lager im Ständerat hat nun Eintreten auf die Vorlage beschlossen.

Doch von Experten kommt Widerspruch. Etwa von Marcel Riesen-Kupper, Leiter der Oberjugendanwaltschaft des Kantons Zürich: «Wir haben bereits heute die Möglichkeit, bei solchen Tätern zu handeln. Wir brauchen die Verwahrung nicht.» Die Schweiz werde im Moment international um das gute Gesetz beneidet.

Jugendlicher in Gefängnis
Legende: Jugendliche, die im Alter zwischen 16 und 18 Jahren einen Mord begangen haben, sollen nach Abschluss der Schutzmassnahmen verwahrt werden können – wenn sie für Dritte immer noch gefährlich sein sollten. So wollen es der Bundesrat und der Ständerat. Keystone/AP/Martin Meissner

Doch worum geht es? Pro Jahr begeht in der Schweiz etwa ein Täter oder eine Täterin zwischen 16 und 18 Jahren einen Mord. Wird diese Person verurteilt, erhält sie Freiheitsentzug. Bleibt sie gefährlich, kann es sein, dass sie in einer geschlossenen Einrichtung bleibt. Doch die rechtlichen Möglichkeiten im Jugendstrafgesetz enden mit 25 Jahren.

Verwahrung bei Schwerstfällen

Diese Lücke wollen bürgerliche Ständerate nun schliessen und die Verwahrung solcher Täter ins Gesetz schreiben. Denn: «Wenn jemand mit 25 Jahren immer noch eine Gefahr für Dritte darstellt, dann müssen wir ihn auch entsprechend behandeln», so FDP-Ständerat Andrea Caroni.

Will heissen, selbst wenn der Täter oder die Täterin bei der Tat noch minderjährig war, soll sie verwahrt werden dürfen.

Die Pubertät löst bei vielen Jugendlichen Turbulenzen aus. Dieser Lebensphase muss man pädagogisch Rechnung tragen, auch mit einer gewissen Gelassenheit.
Autor: Marcel Riesen-Kupper Leiter der Oberjugendanwaltschaft des Kantons Zürich

Experten wie Marcel Riesen-Kupper monieren hingegen, die Verwahrung habe im Jugendstrafgesetz nichts zu suchen: «Die Pubertät löst bei vielen Jugendlichen Turbulenzen aus. Dieser Lebensphase muss man pädagogisch Rechnung tragen, auch mit einer gewissen Gelassenheit. Weil sich die jungen Menschen später stabilisieren werden.»

Resozialisierung zentral

Klar ist: Im Jugendstrafrecht steht der Täter, die Täterin im Vordergrund. Mit geeigneten Schutzmassnahmen und Strafen will man die Jugendlichen von weiteren Straftaten abhalten. Der Fokus liegt auf der Resozialisierung der jungen Menschen. Im Gegensatz zum Erwachsenenstrafrecht, bei dem die Tat im Vordergrund steht.

Die Mehrheit im Ständerat liess diese Argumentation nicht gelten. Andrea Caroni verwies darauf, dass der Bundesrat bewusst die Tätergruppe eng eingegrenzt habe. Die allermeisten der jungen Täterinnen und Täter betreffe das Gesetz gar nicht.

Aber: «Das Gesetz soll letztendlich die ganze Palette abdecken. Es muss ein Mord sein und es muss die Gefahr weiterer Morde, also qualifizierter Tötungen bestehen», so Caroni. Nur dann wäre eine Verwahrung möglich.

Diskussion geht weiter

Fakt sei, so Riesen-Kupper: «Die angeordneten Massnahmen bei jungen Tätern in der Schweiz sind in den allermeisten Fällen erfolgreich.» Und für die wenigen andern finde man immer eine Lösung. Nun eine Verwahrung hineinzuschreiben, sei eine Verschlimmbesserung des Jugendstrafrechtes, so Riesen-Kupper.

Die Diskussionen zur Verwahrung im Jugendstrafgesetz geht weiter. Als Nächstes berät der Nationalrat die Vorlage.

Tagesschau, 13.03.2023, 19:30 Uhr

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