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Steuervorlage 17 Nationalrat hält den Steuerdeal voll auf Kurs

  • Der Nationalrat genehmigt die Steuervorlage 17 in der ständerätlichen Version mit der AHV-Finanzierung mit 114 zu 68 Stimmen grunsätzlich.
  • Die Verknüpfung von Unternehmensteuerreform und AHV war vor allem von der SVP bekämpft werden, doch der Mitte-Links-Block hielt fest.
  • Das Geschäft geht mit wenigen Differenzen beim Kapitaleinlageprinzip und Gemeindeartikel zurück an den Ständerat.

Finanzminister Ueli Maurer nannte den AHV-Steuerdeal einst ein «kleines Kunstwerk des politischen Kompromisses». Der Nationalrat hat diese Einschätzung bestätigt. Der Schulterschluss von SP, FDP und CVP hat gehalten. Die drei Fraktionen schnürten das Paket so eng, dass für Einzelinteressen und Sonderanliegen kein Spielraum blieb.

Der Zuschuss für die AHV war zu keinem Zeitpunkt gefährdet. Die Vorlage ist nahezu bereinigt. Einzig bei der Einschränkung des Kapitaleinlageprinzips und beim Gemeindeartikel verbleiben Differenzen zum Ständerat. Dieser wird am nächsten Montag wieder beraten. Bis Ende Session soll die Vorlage unter Dach sein.

Die Entscheide des Nationalrats zur Steuervorlage 17

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Steuerprivilegien: Die international nicht mehr akzeptierten Steuerprivilegien für Statusgesellschaften werden abgeschafft. Darüber sind sich die Räte einigen.

AHV: Die AHV erhält zusätzlich rund 2 Milliarden Franken pro Jahr. So hoch werden die Kosten der Steuervorlage geschätzt. 1,2 Milliarden tragen Arbeitgeber und Arbeitnehmer mit je 0,15 Lohnprozenten bei. Die Bundeskasse steuert ihren Anteil am MWST-Demografie-Prozent beim, was der AHV 520 Millionen Franken einbringt. Zudem wird der Bundesanteil an die AHV-Ausgaben von 19,55 auf 20,2 Prozent erhöht. Das sind 300 Millionen Franken zusätzlich.

Bundessteuer: Der Anteil der Kantone an der direkten Bundessteuer wird von 17 Prozent auf 21,2 Prozent erhöht. Die zusätzliche Milliarde Franken gibt den Kantonen Spielraum für die Senkung der Gewinnsteuersätze. Die meisten Kantone planen, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen.

Gemeindeklausel: Die Gemeinden müssen für die Auswirkungen der Unternehmenssteuerreform abgegolten werden. Nach dem Willen des Ständerats müssen die Kantone die Auswirkungen bloss berücksichtigen.

Dividenden: Dividenden auf Beteiligungen von mindestens 10 Prozent werden beim Bund zu mindestens 70 Prozent besteuert, bei den Kantonen zu mindestens 50 Prozent.

Forschung: Der Aufwand für Forschung und Entwicklung im Inland kann zu 150 Prozent von den Steuern abgezogen werden.

Patentbox: In der Patentbox können die Kantone Erträge aus Patenten und vergleichbaren Rechten ermässigt besteuern. Die Entlastung darf höchstens 90 Prozent betragen.

Stille Reserven: Unternehmen, die ihren Sitz in die Schweiz verlegen, können aufgedeckte stille Reserven während 10 Jahren abschreiben. Dadurch sinkt die Gewinnsteuer. Die stillen Reserven von Unternehmen, die ihre kantonalen Steuerprivilegien verlieren, werden gesondert besteuert.

Mindestbesteuerung: Die gesamte Entlastung durch Zinsabzug, Patentbox, Forschungsabzüge und gesonderte Besteuerung stiller Reserven ist auf 70 Prozent begrenzt.

Kapitaleinlage-Prinzip: Börsenkotierte Unternehmen dürfen Kapitaleinlagereserven nur noch dann steuerfrei auszahlen, wenn sie in gleicher Höhe steuerbare Dividenden ausschütten. Der Ständerat sieht gewisse Ausnahmen für zugezogene Unternehmen vor. Der Nationalrat hat zwei weitere Ausnahmen beschlossen.

Zinsabzug: Hochsteuerkantone können den Abzug eines fiktiven Zinses auf überschüssigem Eigenkapital zulassen. Dadurch sinkt die Gewinnsteuer. Voraussichtlich profitiert davon nur der Kanton Zürich.

Finanzausgleich: Mit der Steuervorlage wird der Finanzausgleich zwischen den Kantonen angepasst. Geändert wird die Gewichtung der Unternehmensgewinne im Ressourcenpotenzial. Das könnte dazu führen, dass einige Kantone ressourcenstärker werden und mehr in den Finanzausgleich einzahlen müssen.

Kapitalsteuer: Die Kantone können bei der Kapitalsteuer Erleichterungen vorsehen.

Transponierung: Wer Beteiligungen an eine Firma verkauft, die ihm selber zu mindestens 50 Prozent gehört, soll den Gewinn immer versteuern müssen. Heute ist der Verkauf von Beteiligungen unter 5 Prozent steuerfrei.

Steueranrechnung: Schweizerische Betriebsstätten ausländischer Unternehmen sollen unter Umständen Quellensteuern auf Erträgen aus Drittstaaten mit einer pauschalen Steueranrechnung geltend machen können.

«Nutella» zum Auftakt

Die Verknüpfung von Unternehmenssteuerreform und Altersvorsorge führte bereits in der Eintretensdebatte zu markigen Voten. Allen voran die SVP-Fraktion ortete ein «willkürlich zusammengeschnürtes Doppelpack», das die Einheit der Materie verletze.

Offenbar halte der Ständerat die Steuervorlage für so schlecht, dass sie nur mit einem «dicken Aufstrich an AHV-Nutella» ans Volk verkauft werden könne, sagte Thomas Matter (SVP/ZH). Die SVP werde das Geschäft in der vorliegenden Form in der Gesamtabstimmung mehrheitlich ablehnen, denn es stehe die Glaubwürdigkeit der direkten Demokratie auf dem Spiel.

Appell der FPD im Namen der Wirtschaft

Diametral anders tönte es von der FDP-Fraktion: Parteichefin Petra Gössi betonte die Bedeutung des Kompromisses zugunsten des Wirtschaftsstandorts Schweiz: «Wir wollen mithelfen, den Unternehmen mit einem neuen System Rechtssicherheit zu bieten.» Sie appellierte an die bürgerlichen Mitstreiter, die Vorlage solidarisch mitzutragen. Mit der jetzigen Lösung bleibe der Druck auf eine strukturelle Sanierung der AHV bestehen.

CVP: Kein anderes glaubwürdiges Projekt vorhanden

Die Vorlage sei wichtig für die Wirtschaft und das Volk, betonte im Namen der CVP auch Guillaume Barazzone (CVP/GE). Mit dem Kompromiss könnten Probleme der AHV gelöst und der Wettbewerb gestärkt werden. «Es gibt kein anderes glaubwürdiges Projekt, um eine politische Mehrheit zu gewinnen», so Barrazzone.

SP: «Kein Kuhhandel, aber...»

Der Vorschlag des Ständerats sei weder ein Hinterzimmerdeal noch ein Kuhhandel noch undemokratisch, sagte Beat Jans (SP/BS) im Namen der SP-Fraktion. Dossiers würden immer wieder miteinander verknüpft. So bestehe ein Zusammenhang zwischen AHV-Finanzierung und Unternehmensbesteuerung. «Wir glauben, dass die Vorlage des Ständerats akzeptabel ist. Bei Verschlechterungen wird die Mehrheit der Fraktion nicht zustimmen», so Jans.

GLP: Kein Verständnis für Paketlösung

Die Grünliberalen würden auf die Steuervorlage eintreten, aber nicht auf dem Deal mit der AHV-Finanzspritze, machte Kathrin Bertschy (GLP/BE) deutlich. Es gehe nicht nur ums Geld, sondern auch um das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik für Reformen in der Altersvorsorge.

BDP: Kompromiss oder Wunschkonzert?

Martin Landolt (BDP/GL) machte deutlich, dass es der bürgerlichen Allianz leider nicht gelungen sei, die übertriebene Unternehmenssteuerreform III dem Volk näherzubringen, weil sie eben «zu fett» gewesen sei. Er ist nun aber auch gegen die «sachfremde Verknüpfung mit der AHV». Die einzige Rechtfertigung dafür sähe er darin, dass sie einen breiten Konsens von links bis rechts auslöst. Einige wüssten aber offenbar den Unterschied zwischen einem Kompromiss und einem Wunschkonzert nicht.

Grüne: «Es pressiert»

Es pressiere nach der gescheiterten, weil überladenen USR III, erklärte Regula Rytz (Grüne/BE). Mit der Steuervorlage 17 sei allerdings die Lernkurve im zweiten Anlauf bescheiden ausgefallen. So komme es mit dem ständerätlichen Vorschlag erneut zu Steuerausfällen in Milliardenhöhe, unter dem Strich gar zu höheren Ausfällen als die Bundesratsversion. Auch die Kantone hätten im zweiten Anlauf bei der Kapitalbesteuerung zu wenig zur Akzeptanz beigetragen.

Maurer: «Einheit der Materie gewährleistet»

«Die Einheit der Materie ist gemäss unseren Juristen gewährleistet», stellte Finanzminister Ueli Maurer fest. Man könne über viele Details streiten, aber es gehe hier um eine der wichtigsten Vorlagen der Legislatur. Die Unternehmenssteuerreform stehe im Vordergrund. Die Unternehmen leisteten einen wesentlichen Beitrag zum Wohlstand der Schweiz.

So soll der Steuer-AHV-Deal funktionieren:

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Mit der Reform der Unternehmensbesteuerung sollen gleich auch die AHV-Finanzen aufgebessert werden. Für jeden Steuerfranken, der durch die Steuervorlage 17 wegfällt, soll ein Franken in die AHV fliessen. Zwei Milliarden Franken würden so der AHV zu Gute kommen. Davon sollen alleine 1,2 Milliarden Franken durch höhere Lohnbeitrage von Arbeitnehmer und Arbeitgeber finanziert werden. Vorgesehen ist eine Erhöhung von 0,3 Lohnprozent.

Die Zeit drängt, denn die Schweiz muss auf ausländischen Druck hin die Steuerprivilegien für international tätige Unternehmen abschaffen. Betroffen sind konkret die kantonalen Statusgesellschaften. Gerade auch die Kantone warten sehnsüchtig darauf, dass die Rechtssicherheit wiederhergestellt werden kann.

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