Zum Inhalt springen

AIA mit autoritären Regimes Länderprüfung vor Datenaustausch – eine Alibiübung?

Die Schweiz tauscht mit 19 weiteren Ländern Bankdaten aus. Doch trotz anders lautendem Bericht: Nicht alle sind über jeden Zweifel erhaben.

Der Nationalrat hat den automatischen Informationsaustausch mit 19 weiteren Ländern beschlossen. Unter ihnen sind auch autoritär regierte Staaten wie Aserbaidschan, Kasachstan und die Türkei. Datenflüsse in solche Länder sind heikel. Doch die Debatte darüber war kurz und etwas verhalten.

Nur Thomas Matter (SVP/ZH) wehrte sich: «Das von mir hochgehaltene Neutralitätsprinzip verbietet mir zwar hier und jetzt, von autoritärem Führungssystem, von Diktatur, Verletzung der Menschenrechte und allgegenwärtiger Korruption zu sprechen.» Doch an diese Länder sollten keine Informationen über Kunden von Schweizer Banken fliessen, erklärte er.

Finanzminister Ueli Maurer widersprach. Die Schweiz müsse Daten liefern, da sie sich als Finanzplatz zum Austausch von Steuerdaten verpflichtet habe. Tue sie das nicht, drohten Strafmassnahmen für die Schweizer Wirtschaft.

Es gibt nun einmal sehr viele Länder, die korrupte Systeme haben, da müssen wir uns nichts vormachen.
Autor: Ueli Maurer Bundespräsident

Zum Einwand seines Parteikollegen sagte Maurer: «Es gibt nun einmal sehr viele Länder, die korrupte Systeme haben, da müssen wir uns nichts vormachen. Bei diesen Ländern muss der Austausch sehr vorsichtig erfolgen.»

Wie vorsichtig der Datenaustausch mit heiklen Ländern wirklich erfolgt, zeigt der erste Prüfbericht des Bundesrates zum bereits beschlossenen Austausch mit 36 Ländern – unter ihnen sind Saudi-Arabien, China und Russland.

Neue Partnerstaaten ab 2020

Box aufklappen Box zuklappen

Albanien, Aserbaidschan, Brunei Darussalam, Dominica, Ghana, Kasachstan, Libanon, Macao, die Malediven, Nigeria, Niue, Pakistan, Peru, Samoa, Sint Maarten, Trinidad und Tobago, Türkei und Vanuatu.

So ist dort etwa zu China zu lesen, die chinesischen Behörden hätten der Schweizer Botschaft in Peking versichert, die Daten würden nur zu Steuerzwecken benutzt und nicht mit anderen Behörden ausgetauscht.

Analoges habe das saudische Königreich der Schweizer Botschaft in Riad versprochen. Das ist nicht glaubwürdig. Denn laut dem Eidgenössischen Datenschützer werden Daten in diesen Ländern nicht genügend geschützt.

Er rät davon ab, ihnen Informationen zu übermitteln. Zu Ländern wie Indien und Malaysia steht im Prüfbericht, es seien bisher keine konkreten Fälle gemeldet worden, in denen Steuerdaten etwa zu Repressionszwecken missbraucht worden seien. Fazit: Demnächst fliessen Schweizer Bankdaten in diese Länder, auch wenn niemand sagen kann, was damit geschieht.

Wir können nicht verhindern, dass Schweizer Daten in diese Staaten fliessen.
Autor: Beat Walti Nationalrat (FDP/ZH)

FDP-Fraktionspräsident Beat Walti sagte dazu: «Wir können nicht verhindern, dass auch Schweizer Daten in diese Staaten fliessen.» Sie bekämen schliesslich auch von anderen Ländern Daten zugestellt. Und: «Wir müssen darauf vertrauen, dass diese Länder in der Lage sind, damit umzugehen.»

Zudem glaube er, dass die betroffenen Personen genug Zeit gehabt hätten, sich auf die neuen Gegebenheiten einzulassen. Sprich: Wer nicht will, dass seine Finanzdaten übermittelt werden, hat schon lange das Weite gesucht.

Datenschutz ist nicht gleich Datenschutz.
Autor: Jacqueline Badran Nationalrätin (SP/ZH)

Auch die SP, die sich sonst für Datenschutz stark macht, hat keine Probleme damit, Bankdaten an undemokratische Staaten weiterzugeben. Jacqueline Badran (SP/ZH) erklärte: «Datenschutz ist nicht gleich Datenschutz.»

Man müsse sich fragen, wen oder was man mit einem übertriebenen Datenschutz beschütze. «Es ist nicht die Aufgabe der Schweiz, Steuerbetrüger und -hinterzieher, oder Leute aus solchen Diktaturen, die der Bevölkerung Geld gestohlen haben, zu beschützen.»

Mit dem heutigen Entscheid, 19 weitere Länder einzubeziehen, erfüllt die Schweiz das Abkommen über den automatischen Datenaustausch, das sie vor vier Jahren ratifiziert hat. Damit will die Schweiz endgültig Schluss machen mit dem Ruf, ein Fluchthafen für Schwarzgeld zu sein – so die Hoffnung.

Meistgelesene Artikel