Zum Inhalt springen

Altersvorsorge Lebenslange Renten für Verwitwete soll es nicht mehr geben

  • Verwitwete Personen sollen in Zukunft keine lebenslange Rente mehr erhalten.
  • Der Bundesrat hat Gesetzesänderungen in eine Vernehmlassung gegeben, mit denen alle hinterbliebenen Elternteile gleich behandelt werden.
  • Renten erhalten sollen Mütter und Väter mit unterhaltsberechtigten Kindern und alle übrigen während zwei Übergangsjahren.

Der Bundesrat hat Änderungen der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) bis zum 29. März 2024 in die Vernehmlassung geschickt. Er reagiert mit den Vorschlägen auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) und auf gesellschaftliche Entwicklungen.

Bis zum 25. Geburtstag des Kindes

Das System der lebenslangen Renten für Verwitwete entspreche nicht mehr der gesellschaftlichen Realität, schreibt der Bundesrat. Immer mehr Frauen seien erwerbstätig, und die Rollen der Eltern seien anders verteilt. Leistungen für hinterbliebene Mütter und Väter sollen neu auf die Betreuungs- und Erziehungszeit ausgerichtet sein.

Ausbezahlt werden sollen sie bis zum 25. Geburtstag des jüngsten Kindes. Wer ein erwachsenes Kind mit Behinderung betreut, soll die Leistungen auch länger erhalten. Die Rente soll unabhängig sein vom Zivilstand. Wer in einer Ehe ohne unterhaltsberechtigte Kinder lebt oder vom geschiedenen Partner Unterhaltsbeiträge erhält, soll nach dem Tod des Partners oder der Partnerin lediglich noch Anspruch auf eine Übergangsrente haben.

SP spricht von «Kahlschlag» bei AHV-Witwenrenten

Box aufklappen Box zuklappen

Die SP kritisiert die Pläne des Bundesrats scharf. Auf Geheiss des Menschenrechtsgerichtshofs in Strassburg müsse die Schweiz ihre Hinterlassenenrenten zwar anpassen, da heute Witwen in der AHV besser gestellt seien als Witwer. «Doch statt die Renten für Witwer auf das Niveau der Witwenrenten anzuheben, will der Bundesrat Letztere gegen unten korrigieren», teilt die Partei mit.

Gegenüber SRF News stört sich SP-Nationalrätin Barbara Gysi an der «riesigen Summe, die auf dem Buckel von Hinterlassenen gespart wird». Aus einer Gleichstellungsvorlage mache der bürgerlich dominierte Bundesrat ohne Not eine Abbauvorlage. Die SP werde sich gegen diesen Sozialabbau wehren, sagt Gysi. «Empörend ist zudem, dass der Bundesrat auch laufende Witwenrenten streichen will. Fällt eine Rente nach vielen Jahren einfach so weg, kann dies gerade für schlechtgestellte Frauen fatal sein.»

Haben die Kinder ihre Ausbildung beendet, könne davon ausgegangen werden, dass der verwitwete Vater oder die verwitwete Mutter je nach Alter in der Lage sei, für sich aufzukommen oder die Lebenshaltung anzupassen, so der Bundesrat weiter. Bei Inkrafttreten der Vorlage sollen über 50-jährige Verwitwete mit Ergänzungsleistungen ihre Renten behalten können.

Ältere Frau beim Einkauf
Legende: Von der Reform nicht betroffen sind Witwen- und Witwerrenten der beruflichen Vorsorge. Die Rente wird grundsätzlich bis zum Tod oder bis zur Wiederverheiratung des hinterlassenen Ehegatten gezahlt. Keystone/Christian Beutler

Verwitwete ab 58 Jahren ohne Kinder, denen durch den Tod ihres Partners oder ihrer Partnerin Armut droht, sollen im Rahmen der Ergänzungsleistungen individuell unterstützt werden. Der Bundesrat begründet dies mit den Schwierigkeiten für Ältere, eine Erwerbsarbeit zu finden oder das Arbeitspensum zu erhöhen.

Renten für junge Verwitwete fallen weg

Zudem sieht der Bundesrat eine Übergangsregelung vor. Demnach sollen laufende Renten bei über 55-jährigen Verwitweten, die keine unterhaltsberechtigten Kinder haben, weiter ausgerichtet werden. Für Jüngere dagegen sollen laufende Renten innerhalb von zwei Jahren ab Inkrafttreten der gesetzlichen Neuerungen aufgehoben werden.

So viele Personen beziehen die Rente

Box aufklappen Box zuklappen

Im Dezember 2021 bezogen rund 8900 Personen unter 50 Jahren und knapp 30'000 50- bis 59-Jährige eine Witwen- oder Witwerrente. Davon waren 7960 respektive 28'830 Frauen. Insgesamt erhalten laut Botschaftsentwurf zurzeit 175'850 Personen eine Witwen- oder Witwerrente in der Höhe von insgesamt 1.7 Milliarden Franken.

Nach Angaben des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB) vom Juni wären Frauen von den Einsparungen besonders betroffen. Heute erhielten sie fast 90 Prozent der Hinterlassenenleistungen. Dabei seien Frauen nach dem Tod ihres Ehepartners bereits heute häufiger in einer schwierigen finanziellen Lage als Männer, schrieb der SGB.

Der Bundesrat reagiert mit der Vorlage auf Kritik des EGMR. Dieser hatte 2022 eine Ungleichbehandlung von Frauen und Männern bei den Hinterlassenenrenten in der Schweiz festgestellt. Zurzeit gilt eine Übergangsregelung, die dafür sorgt, dass der Anspruch auf Witwerrente nicht bei Volljährigkeit des jüngsten Kindes endet.

Doch die Rechtsgleichheit zwischen Witwern und Witwen soll auch Entlastungen bringen. Die Rede ist von rund 720 Millionen Franken Entlastung für die AHV und rund 160 Millionen Franken für den Bund. Treten die Neuerungen 2026 in Kraft, soll das neue System ab 2035 seine volle Wirkung entfalten.

Holen Sie sich SRF News in Ihr Whatsapp

Box aufklappen Box zuklappen
Legende:

Die wichtigsten und spannendsten News jetzt bequem auf Whatsapp – einmal morgens (Montag bis Freitag), einmal abends (die ganze Woche): Abonnieren Sie hier den SRF-News-Kanal auf Ihrem Smartphone.

SRF 4 News, 08.12.2023, 16 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel