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Am Rhein Deutsche und Schweizer Gemeinden wollen näher zusammenrücken

Während über strengere Grenzkontrollen diskutiert wird, arbeiten Gemeinden am Hochrhein an einem gemeinsamen Konzept.

Bis in die 1990er-Jahre war es Standard: Wer von der Schweiz über die Brücke nach Deutschland wollte, zeigte dem Zollbeamten seinen Ausweis. Der Rheinfelder Stadtpräsident Franco Mazzi erinnert sich: «Wenn wir in den Ausgang gingen, hatten wir immer die Identitätskarte dabei, falls wir noch kurz über den Rhein gehen wollten.»

Eine Grenzkontrolle an der Deutsch-Schweizerischen Grenze. Zollbeamte fragen Autofahrer nach den Ausweisen.
Legende: Jedes Auto, das die Grenze passierte, wurde kontrolliert. Das war bis in die 1990er-Jahre noch ganz normal. KEYSTONE / EPA / DPA / Rolf Haid

Seit die Schweiz 2008 dem Schengenraum beigetreten ist, gibt es an der Grenze nur noch Stichkontrollen. Zahlreiche Grenzübergänge sind kaum mehr bewacht. Zwar hat Deutschland im Herbst 2024 wieder systematische Kontrollen eingeführt, doch diese sind weit weniger intensiv als damals in den 90er-Jahren.

200'000 Menschen zirkulieren an der Grenze

Das auch zum Vorteil aller Grenzgänger und Grenzgängerinnen. Rund 200'000 Menschen zirkulieren im Hochrheingebiet zwischen Deutschland und der Schweiz – und zwar mit einem Gefühl, als ob es keine Grenzen gäbe. Rund die Hälfte davon arbeitet ennet der Grenze – meistens Deutsche, die in der Schweiz angestellt sind.

Wir haben immer noch die gleiche Infrastruktur wie vor 20 Jahren.
Autor: Patrick Leypold Verein Agglobasel

Der Raum Hochrhein sei sehr dynamisch, erklärt Patrick Leypold vom Verein Agglobasel. Es gäbe zwar inzwischen viele Verbindungen – sei das Pendler- oder Freizeitverkehr. «Aber wir haben immer noch die gleiche Infrastruktur wie vor 20 Jahren.»

Es fehlt an Nord-Süd-Verbindungen

So gibt es entlang der Grenze am Rhein verhältnismässig wenig Brücken. «Eine Landesgrenze verkompliziert natürlich den Brückenbau, weil es jeweils einen Staatsvertrag braucht», sagt Leypold. Darum hat der Verein nun ein Raumkonzept für die Region erarbeitet.

Im Konzept werden Problemfelder identifiziert, unter anderem eben die fehlenden Brücken oder die Bahnhofsumfelder, die den heutigen Ansprüchen nicht mehr genügen. Aus diesen Punkten formte das Raumplanerteam anschliessend Leitsätze und Zielsetzungen.

Raumplanung beim Sisslerfeld

Als Beispiel nennt Patrick Leypold das Sisslerfeld bei Stein. Dort sollen auf einem 200 Hektar grossen, noch unbebauten Industriegebiet direkt an der Grenze am Rhein künftig 10'000 Arbeitsplätze entstehen. Bereits im Vorfeld soll da auf eine gute ÖV-Anbindung geachtet werden – auf beiden Seiten des Rheins. Auch eine neue Brücke nach Deutschland wird geprüft.

Blick auf ein weisses Firmengebäude, daneben Wiesenlandschaft.
Legende: Das Sisslerfeld ist 200 Hektaren gross, 85 davon sollen mit Industrie überbaut werden. Es ist die grösste Reserve für Industrieland der Schweiz. Die Firma DSM hat hier schon eine Produktionsstätte. SRF / Stefan Ulrich

Neben dem Ausbau von Strassen und Busverbindungen spielt auch der Veloverkehr eine wichtige Rolle im Hochrheiner Raumkonzept: Das Velonetz soll ausgebaut werden. Zudem fordern die Raumplaner Velovorzugsrouten entlang des Rheins mit Querverbindungen. Solche Routen verlaufen meist parallel zu Strassen und gewähren dem Veloverkehr den Vortritt.

15-Minuten-Räume fördern

Ein weiteres Thema im Konzept sind sogenannte 15-Minuten-Räume. Dabei geht es um die Verdichtung von Siedlungen. Alle Wege des Alltags sollen in weniger als 15 Minuten zu Fuss oder mit dem Velo absolviert werden können – vom Arbeitsplatz über die Arztpraxis bis zum Lebensmittelgeschäft.

Mit dem Raumkonzept Hochrhein sei nun die Grundlage geschaffen für die künftige Entwicklung der grenzüberschreitenden Region, schreibt das Planungsteam. Für die Beteiligten ist klar: Strengere Grenzkontrollen, wie es sie früher einmal gab, wären hier nicht mehr vorstellbar. Auch deshalb, weil der rege Grenzverkehr wohl völlig zusammenbrechen würde.

Rundschau, 23.4.2025, 20:05 Uhr ; 

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