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Amtliche Dokumente nötig Türkischen Erdbebenopfern ohne Pass droht Blockade bei Aufnahme

Die Aussenpolitische Kommission des Nationalrats fordert vom Bundesrat, dass Erdbebenopfer unbürokratisch aufgenommen werden. Doch die Schweiz will auch weiterhin nicht auf ein amtliches Dokument verzichten.

Es müsse alles erdenklich Mögliche unternommen werden, um den Menschen in den betroffenen Erdbebengebieten zu helfen. Das steht in einem Brief der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrats APK-N an den Bundesrat, der SRF vorliegt.

Entstanden ist er auf Initiative der Grünen Basler Nationalrätin Sibel Arslan. Sie will, dass die Schweiz unbürokratisch Hilfe leistet und Menschen aus dem Erdbebengebiet zu Familienangehörigen in der Schweiz reisen lässt, auch wenn deren Pässe irgendwo in den Erdbebentrümmern liegen. «Das wäre eine rasche und auch unbürokratische Einreisemöglichkeit, die wir als Nothilfe gewährleisten können», sagt Arslan.

Einschätzung: Brief ist ein Zeichen der Anteilnahme

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Inlandredaktor Stefan Eiholzer: «Der Brief der APK-N ist vor allem als Zeichen der Anteilnahme und des guten Willens, Hilfe leisten zu wollen, zu verstehen. Es ist kaum vorstellbar, dass die Schweiz Erdbebenopfer ohne amtliche Dokumente ins Land lässt. Denn es gibt Sicherheitsbedenken. In einem Visaverfahren werden Antragsteller von den Behörden überprüft. Gegen die Forderung des Briefs gibt es aber auch politischen Widerstand. Das Stichwort heisst zunehmende Migration. Das haben die Mitglieder der Aussenpolitischen Kommission natürlich gewusst. Und sie wussten auch, dass ihr Brief kaum mehr als ein Zeichen ist.»

Visagesuche bislang beschleunigt behandelt

Bisher hat die Schweiz Visagesuche aus dem Erdbebengebiet zwar beschleunigt, aber nicht erleichtert behandelt. Man habe kein neues Visaverfahren installiert, sagt dazu der Informationschef des Staatssekretariats für Migration, Daniel Bach.

«Wir versuchen einfach, mit diesen Formularen diese Personen prioritär zu behandeln. Es ist klar: Wenn jemand in Not ist, dann muss man relativ schnell entscheiden können.» 1200 Anträge für solch beschleunigte Verfahren wurden bisher gestellt.

Personen müssen für Visa identifiziert werden

Auf einen Pass oder ein anderes amtliches Dokument, wie im Brief der Aussenpolitischen Kommission verlangt, will die Schweiz bei der Visavergabe aber nicht verzichten. «Wir halten uns an das geltende Recht. Und das schreibt uns vor, dass wir diese Personen identifizieren müssen. Hier geht es insbesondere auch um die Frage der Sicherheit», erklärt Bach.

Das Recht schreibt uns vor, dass wir diese Personen identifizieren müssen.
Autor: Daniel Bach Staatssekretariat für Migration

Der Bundesrat sei am Mittwoch schriftlich von Justizministerin Elisabeth Baume-Schneider über die aktuelle Lage informiert worden, schreibt Vizekanzler Andre Simonazzi auf Anfrage. In dieser Information dürfte gestanden haben, dass die Schweiz weiterhin ein amtliches Dokument verlangt, wenn sie ein Visum ausstellt.

Auch Türkei verlangt Dokumente zur Ausreise

Es dürfte aber auch gestanden haben, dass die passfreie Einreise aus dem Erdbebengebiet nicht nur am Schweizer Visaverfahren scheitert, wie Daniel Bach sagt: «Wer aus der Türkei ausreisen will, braucht einen gültigen Pass. Das verlangen die türkischen Behörden.» Diese würden deshalb nun überprüfen, wie schnell sie Notpässe für solche Personen ausstellen könnten, so Bach.

Der Wunsch, unbürokratisch Hilfe zu leisten, ist leicht formuliert. Die Umsetzung scheint aber deutlich schwieriger.

HeuteMorgen, 16.02.2023, 06:00 Uhr

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