Die Vorwürfe sind happig: Amtsgeheimnisverletzung, Verletzung der Kollegialität, Vertrauensmissbrauch. Der Freiburger alt Staatsrat Georges Godel (Mitte) hat mit der Veröffentlichung eines Buches mächtig für Wirbel gesorgt. Nun zieht er sich aus dem öffentlichen Leben zurück: Der 69-Jährige gibt sein Verwaltungspräsidium der Freiburger Verkehrsbetriebe TPF ab und zieht sich aus dem Verwaltungsrat der Freiburger Kantonalbank zurück.
Was ist passiert?
Georges Godel liess sich während vier Jahren als Staatsrat vom Journalisten Jean-Marc Angéloz begleiten. Entstanden ist das Buch «Secrets et confidences d'un président», was so viel heisst wie «die Geheimnisse und Vertraulichkeiten eines Präsidenten». Es besteht aus einer Reihe von Interviews, in denen er hinter die Kulissen der politischen Führung blicken lässt.
Georges Godel erzählt etwa, er habe im Staatsrat den Umgang mit dem Freiburger Spital HFR kritisiert. Die Regierung hätte versucht, Probleme zu verstecken und schönzureden: «Ich mag es nicht, Dinge zu verheimlichen», wird er übersetzt zitiert.
Zudem machte er Aussagen zu seiner früheren Staatsratskollegin Marie Garnier (Grüne). Sie hätte ihn 2017 per SMS über ihren Rücktritt informiert. Sie habe gute Ideen gehabt, rechte und linke, «aber immer machiavellistisch» – nach dieser Theorie ist jedes Mittel erlaubt, um politische Macht zu erlangen.
Buch sorgt für Kritik
Marie Garnier wehrte sich in der Zeitung La Liberté und warf Godel vor, seine Hände damit reinwaschen und sich selbst in ein gutes Licht rücken zu wollen.
Auch sonst gab es viel Kopfschütteln: Unsensibel sei es von einem ehemaligen Staatsrat, so kurz nach seinem Rücktritt solche Sachen öffentlich zu machen.
Die Freiburger Kantonsregierung distanzierte sich vehement von Godels Buch. Sie sei «herausgefordert und enttäuscht».
Politische und juristische Konsequenzen
Sie habe die Gespräche, die während vier Jahren unter dem Siegel der Verschwiegenheit geführt wurden, zur Kenntnis genommen: «Sie enthalten zahlreiche Elemente, die im Widerspruch zu den Grundsätzen des Vertrauens und der Vertraulichkeit stehen, die für das reibungslose Funktionieren der Kollegialregierung unerlässlich sind», schreibt der Staatsrat, der nichts davon gewusst habe. Die Staatskanzlerin sei vorher angefragt, jedoch nicht in die Arbeiten einbezogen worden.
Elemente stehen im Widerspruch zu den Grundsätzen des Vertrauens und der Vertraulichkeit.
Wegen möglicher Amtsgeheimnisverletzung ist die Veröffentlichung des Buches laut Freiburger Staatsanwaltschaft Gegenstand einer Untersuchung. Zudem wurde am Montag ein erster Vorstoss im Kantonsparlament dazu eingereicht.
Was sagt Godel?
Der ehemalige Finanzdirektor, der Ende Dezember nach 15 Jahren aus der Regierung ausschied, sagte letzte Woche noch, er stehe zu «200 Prozent» hinter dem Buch. Ja, er sei ein Risiko eingegangen, weil er auch über seine eigenen Dossiers wie die Staatsfinanzen oder die Sanierung der öffentlichen Pensionskasse gesprochen habe. Diese seien aber glücklicherweise erfolgreich abgeschlossen worden.
Ich übernehme die gesamte Verantwortung zum Wohl des Kantons.
Nach der ganzen Kritik hat er aber reagiert: «Ich übernehme die gesamte Verantwortung zum Wohl des Kantons und seiner Institutionen.» Er ziehe sich sofort aus dem öffentlichen Leben zurück, schreibt er in einer Mitteilung.
Er habe sich während seiner gesamten Karriere als Staatsrat für das Wohlergehen des Kantons eingesetzt. Es sei für ihn unerträglich, dass das Buch nun das Gegenteil auslöse. Im Nachhinein sei es vor allem ein Fehler gewesen, das Buch vor der Veröffentlichung nicht noch einmal gegenzulesen.