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Amtsgeheimnisverletzung? Ein ehemaliger Freiburger Staatsrat stolpert über Buch-Affäre

Der ehemalige Freiburger Finanzdirektor Georges Godel plauderte Interna aus. Es hagelte Kritik. Nun zieht er die Konsequenzen.

Die Vorwürfe sind happig: Amtsgeheimnisverletzung, Verletzung der Kollegialität, Vertrauensmissbrauch. Der Freiburger alt Staatsrat Georges Godel (Mitte) hat mit der Veröffentlichung eines Buches mächtig für Wirbel gesorgt. Nun zieht er sich aus dem öffentlichen Leben zurück: Der 69-Jährige gibt sein Verwaltungspräsidium der Freiburger Verkehrsbetriebe TPF ab und zieht sich aus dem Verwaltungsrat der Freiburger Kantonalbank zurück.

Was ist passiert?

Georges Godel liess sich während vier Jahren als Staatsrat vom Journalisten Jean-Marc Angéloz begleiten. Entstanden ist das Buch «Secrets et confidences d'un président», was so viel heisst wie «die Geheimnisse und Vertraulichkeiten eines Präsidenten». Es besteht aus einer Reihe von Interviews, in denen er hinter die Kulissen der politischen Führung blicken lässt.

Erinnert an das Buch von Hollande in Frankreich

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Das Buch über Georges Godel erinnert an das Buch «Un président ne devrait pas dire ça...».

In den fast 700 Seiten wurden über mehrere Jahre geführte, private Gespräche mit dem damaligen französischen Präsidenten François Hollande dokumentiert. Die Journalisten Gérard Davet und Fabrice Lhomme befassten sich fünf Jahre mit dem Präsidenten Hollande und veröffentlichten das Buch 2016. Es schlug in Frankreich hohe Wellen und gilt als einer der Faktoren, weshalb Hollande nicht mehr für eine weitere Amtszeit antrat.

Georges Godel erzählt etwa, er habe im Staatsrat den Umgang mit dem Freiburger Spital HFR kritisiert. Die Regierung hätte versucht, Probleme zu verstecken und schönzureden: «Ich mag es nicht, Dinge zu verheimlichen», wird er übersetzt zitiert.

Georges Godel und Marie Garnier
Legende: Der gelernte Landwirt und alt Staatsrat Georges Godel zusammen mit seiner damaligen Staatsratskollegin Marie Garnier 2015. Keystone

Zudem machte er Aussagen zu seiner früheren Staatsratskollegin Marie Garnier (Grüne). Sie hätte ihn 2017 per SMS über ihren Rücktritt informiert. Sie habe gute Ideen gehabt, rechte und linke, «aber immer machiavellistisch» – nach dieser Theorie ist jedes Mittel erlaubt, um politische Macht zu erlangen.

Buch sorgt für Kritik

Marie Garnier wehrte sich in der Zeitung La Liberté und warf Godel vor, seine Hände damit reinwaschen und sich selbst in ein gutes Licht rücken zu wollen.

Auch sonst gab es viel Kopfschütteln: Unsensibel sei es von einem ehemaligen Staatsrat, so kurz nach seinem Rücktritt solche Sachen öffentlich zu machen.

Alain Berset und Georges Godel
Legende: Godel war Gemeindeamman von Ecublens, 20 Jahre Grossrat und 15 Jahre Staatsrat, davon zwei Jahre Staatsratspräsident – wie 2018, als er Seite an Seite mit dem damaligen Bundespräsidenten Alain Berset sang. Keystone

Die Freiburger Kantonsregierung distanzierte sich vehement von Godels Buch. Sie sei «herausgefordert und enttäuscht».

Politische und juristische Konsequenzen

Sie habe die Gespräche, die während vier Jahren unter dem Siegel der Verschwiegenheit geführt wurden, zur Kenntnis genommen: «Sie enthalten zahlreiche Elemente, die im Widerspruch zu den Grundsätzen des Vertrauens und der Vertraulichkeit stehen, die für das reibungslose Funktionieren der Kollegialregierung unerlässlich sind», schreibt der Staatsrat, der nichts davon gewusst habe. Die Staatskanzlerin sei vorher angefragt, jedoch nicht in die Arbeiten einbezogen worden.

Elemente stehen im Widerspruch zu den Grundsätzen des Vertrauens und der Vertraulichkeit.
Autor: Freiburger Kantonsregierung

Wegen möglicher Amtsgeheimnisverletzung ist die Veröffentlichung des Buches laut Freiburger Staatsanwaltschaft Gegenstand einer Untersuchung. Zudem wurde am Montag ein erster Vorstoss im Kantonsparlament dazu eingereicht.

Was sagt Godel?

Der ehemalige Finanzdirektor, der Ende Dezember nach 15 Jahren aus der Regierung ausschied, sagte letzte Woche noch, er stehe zu «200 Prozent» hinter dem Buch. Ja, er sei ein Risiko eingegangen, weil er auch über seine eigenen Dossiers wie die Staatsfinanzen oder die Sanierung der öffentlichen Pensionskasse gesprochen habe. Diese seien aber glücklicherweise erfolgreich abgeschlossen worden.

Ich übernehme die gesamte Verantwortung zum Wohl des Kantons.
Autor: Georges Godel Ehemaliger Staatsrat Kanton Freiburg

Nach der ganzen Kritik hat er aber reagiert: «Ich übernehme die gesamte Verantwortung zum Wohl des Kantons und seiner Institutionen.» Er ziehe sich sofort aus dem öffentlichen Leben zurück, schreibt er in einer Mitteilung.

Er habe sich während seiner gesamten Karriere als Staatsrat für das Wohlergehen des Kantons eingesetzt. Es sei für ihn unerträglich, dass das Buch nun das Gegenteil auslöse. Im Nachhinein sei es vor allem ein Fehler gewesen, das Buch vor der Veröffentlichung nicht noch einmal gegenzulesen. 

TPF: «Wir haben ihn nicht gezwungen»

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Die Freiburger Verkehrsbetriebe TPF sagen auf Anfrage von SRF zum Rücktritt von Georges Godel als Verwaltungsratspräsidenten: «Die Freiburger Verkehrsbetriebe haben keinen Druck ausgeübt auf Georges Godel. Der Entscheid für den Rücktritt hat er selbst getroffen. Aber gewisse Personen fühlten sich durch Aussagen von Georges Godel betroffen», sagt Nadine Gobet, Vizepräsidentin des Verwaltungsrats. Gobet übernimmt in der Zwischenzeit das Präsidium.

Sie würden den Rücktritt eines engagierten und investierten Präsidenten zwar bedauern, ihm aber für seinen Einsatz während all dieser Jahre danken.

Die Freiburger Kantonsregierung nimmt den Rücktritt zur Kenntnis, wie sie mitteilt. Sie werde in Kürze über den Ersatz in den Gremien der für den Kanton Freiburg wichtigen Institutionen beraten.

Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 31.01.2022, 08:31 Uhr ; 

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