SRF: Wäre die Schweiz in der aktuellen Situation prädestiniert, allfällige Gespräche zwischen den USA und Iran zu leiten?
Micheline Calmy-Rey: Ja, ich glaube schon. Die Schweiz ist jetzt schon Vertreter der US-Interessen im Iran. Der Zugang zu den Behörden beider Länder ist gegeben. Überdies verfügt die Schweiz über eine sehr gute Diplomatie, die erfahren und neutral ist.
Sehen Sie Unterschiede zu der Zeit, in der Sie mit dem Iran verhandelt haben?
Wir waren Mediatoren in den Jahren 2008 bis 2010. Die Lage ist nun etwas anders, weil es ein Abkommen zwischen Iran und den USA gibt.
Es gibt Befürchtungen, dass dieses Abkommen von Präsident Donald Trump gekündigt werden könnte. Bereitet Ihnen das Sorgen?
Trump hat viel angekündigt. Man weiss nicht, was passieren wird. Für Trump ist Iran ein böses Land. Das ist unberechenbar. Wir müssen abwarten.
Sollte die Schweiz um eine Moderation zwischen den beiden Ländern gebeten werden – was könnte das der Schweiz bringen?
Die Schweiz könnte eine stärkere Rolle spielen, als sie jetzt spielt. Sie könnte Vorschläge machen, um die Situation zu arrangieren. Wir können über unsere Interessen sprechen und sie verteidigen. Doch derzeit ist die Lage nicht dringend.
Bundesrat Didier Burkhalter hat Trumps Einreisestopp öffentlich kritisiert. Dafür wurde er von FDP-Kollegen gerügt. War Burkhalter da etwas ungeschickt?
Nein. Er hat gesagt, was die Schweizer Aussenpolitik immer bestätigt hat: Die Schweiz verteidigt das humanitäre Völkerrecht, eines der Fundamente unserer Identität. Und das Einreiseverbot verstösst dagegen.
Das Gespräch führte Andrea Jaggi.