Das deutsche Hohentengen am Hochrhein liegt 20 Kilometer Luftlinie vom Flughafen Zürich entfernt – an der Grenze zur Schweiz. Auf der Terrasse in Ruhe etwas lesen, kann Peter Schanz hier selten. Der grüne Lokalpolitiker und Architekt kämpft seit Jahren gegen den Fluglärm aus Zürich.
Die Landeanflüge auf die Nordpiste des Flughafens Zürich führen direkt über sein Haus. «So eine Terrasse wäre schön für die Freizeit. Wir hätten hier ein ruhiges Leben», sagt Schanz. Doch der Fluglärm störe enorm.
Zwei Pisten am Flughafen Zürich sollen nun zu Schanz' Ärger verlängert werden. Die Piste 28 gegen Westen um 400 Meter, die Piste 32 Richtung Norden um 280 Meter. Das Zürcher Kantonsparlament stimmte dem Plan am Montag äusserst knapp zu. In Hohentengen am Hochrhein und in den umliegenden Gemeinden ist man nicht erfreut. Laut Schanz ist ein Pistenausbau für die Gemeinde katastrophal. «Wir befürchten eine Verschlechterung der Situation.»
Mehr Sicherheit oder doch mehr Kapazität?
Mit den Pistenverlängerungen sollen gemäss Flughafenbetreiber die Sicherheit erhöht und die Verspätungen reduziert werden. Im Rathaus von Hohentengen hat man an dieser Darstellung aber Zweifel. Bürgermeister Jürgen Wiener sieht in der 250-Millionen-Franken-Investition andere Absichten. «Ich denke, dass man das auch mit dem Hintergrund macht, später die Kapazitäten zu erhöhen.»
Für Wiener ist es kaum vorstellbar, dass die geplanten Pistenverlängerungen zusammen mit den Schnellabroll-Wegen keine positiven Auswirkungen auf die verfügbaren Kapazitäten des Flughafens haben. «Daher befürchte ich, dass die Flugbewegungen von und in Richtung Deutschland zunehmen könnten.»
Wir befürchten, dass die Zahl der Starts und Landungen pro Stunde zunimmt.
Ähnlich äusserte sich das Verkehrsministerium von Baden-Württemberg. «Wir befürchten, dass die Zahl der Starts und Landungen pro Stunde zunimmt», sagt der Sprecher des Ministeriums für Verkehr in Stuttgart. Der Flughafenbetreiber schreibt dagegen: «Zwischen Pistenlänge und Kapazität besteht kein Zusammenhang.» Der seit Jahren andauernde Streit zwischen deutschen und Schweizer Behörden dürfte wohl in die nächste Runde gehen.
Die Zürcher Regierung weist die deutschen Befürchtungen vehement zurück. Volkswirtschaftsdirektorin Carmen Walker Späh versucht zu beruhigen. Die eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa habe die Auswirkungen auf die Lärmbelastung berechnet und sei klar zum Resultat gekommen, dass Deutschland durch den Ausbau nicht mit Mehrbelastungen rechnen müsse.
Es ändert sich nichts an der Anzahl Starts und Landungen.
«Die Pisten sind ein Infrastrukturprojekt, kein Betriebsreglement», betont Walker Späh - und ergänzt: «Es ändert sich nichts an der Anzahl Starts und Landungen.» Auch an der Kapazität werde sich nichts ändern.
Das letzte Wort bei den Pistenverlängerungen des Flughafens Zürich wird das Volk haben. Die unterlegene Minderheit im Zürcher Kantonsrat hat das Referendum ergriffen. Wann es zur Abstimmung kommt, ist noch offen.