Zum Auftakt ins neue Jahr kommen in der «Arena» die Parteispitzen zu einem Gipfeltreffen mit der neuen Bundespräsidentin und Vorsteherin des Verteidigungsdepartements (VBS), Viola Amherd, zusammen.
Gleich zu Beginn der Sendung macht sie klar, wie sie punkto Sicherheitspolitik in die Zukunft schaut: «2024 werden wir viele Herausforderungen zu meistern haben, denn die geopolitische Sicherheitslage ist nicht rosig.» Diese habe sich durch den Krieg in der Ukraine und in Nahost verschärft.
Auch neuere Kriegsformen wie Cyberangriffe und Desinformationskampagnen würden die Bedrohungslage verschärfen und die Schweiz vor neue Herausforderungen stellen. Amherd appelliert an ihre Kolleginnen und Kollegen und das Parlament: Was es jetzt brauche, sei eine gute Zusammenarbeit im Bundesrat und Investitionen in die Armee und in die Sicherheit.
«Kein Wunschzettel, sondern notwendig»
Bis 2035 sollen die Armeeausgaben mindestens ein Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) betragen. So hat es das Parlament in der vergangenen Wintersession beschlossen. Das entspricht schätzungsweise einem Anstieg von heute 5.5 auf 10.5 Milliarden Franken pro Jahr. Ursprünglich wäre der Anstieg der Ausgaben bereits für 2030 angedacht gewesen.
Für den FDP-Präsidenten Thierry Burkart geht es mit den Investitionen in die Armee zu langsam voran. Die Sicherheitslage habe sich verschärft und gleichzeitig «sparen wir die Armee seit 30 Jahren tot», so Burkart. Das sei völlig unverantwortlich. Umso mehr wirft er dem Mitte-Präsidenten Gerhard Pfister vor, seine Partei sei nach den Wahlen im Herbst «ausgeschert», weil sie sich hinter die Verzögerung der Ausgaben bis 2035 gestellt hatte.
Pfister entgegnet: «Wir müssen immer den gesamten Finanzhaushalt anschauen. Die Sicherheit ist wichtig, aber es gibt auch andere Bereiche, die finanziert werden müssen.» Das mache eine verantwortungsvolle Finanzpolitik aus. «Die Lösung, die wir jetzt haben, lässt sich verkraften und ist nicht sicherheitsgefährdend.»
Gar nicht zufrieden mit den vom Parlament beschlossenen Ausgaben ist SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer: «Die Bürgerlichen wollen das Armeebudget aufblähen, obwohl wir nicht einmal wissen, was auf dem Einkaufszettel der Armee steht.» Schlussendlich, so Meyer, bedeute dies Einsparungen in anderen Bereichen, zum Beispiel bei der Bildung.
VBS-Vorsteherin Amherd dementiert dies und betont, die Armee kaufe mit den Geldern nicht ihren «Wunschzettel» ein, sondern ersetze notwendige Systeme. «In den letzten Jahren wurde auf dem Buckel der Armee gespart». Die «Nachrüstung» sei dringend notwendig, denn «Sicherheit ist ein hohes Gut für die Menschen».
Für den SVP-Parteipräsidenten Marco Chiesa ist das völlig unbestritten. «Alle dachten, dass es keinen konventionellen Krieg mehr geben wird in Europa und jetzt haben wir genau das in der Ukraine.» Es brauche eine moderne und gut ausgerüstete Schweizer Armee, denn das sei das «Minimum», das die Politik für die Sicherheit der Bevölkerung tun könne.
Wie weiter mit der EU?
Neben aktuellen Herausforderungen wurde in der «Arena» einmal mehr über einen politischen Dauerbrenner debattiert: das Verhältnis der Schweiz zur EU. Ende letzten Jahres hat der Bundesrat sein Verhandlungsmandat verabschiedet.
Obwohl der Startschuss der Verhandlungen noch nicht gefallen ist, übte Pierre-Yves Maillard, Präsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes und SP-Ständerat, bereits Kritik. Es bestehe keine Chance, dass die Gewerkschaften dem Paket so zustimmen würden, sagte Maillard in einem Interview mit der «NZZ am Sonntag».
SP-Co-Präsidentin Meyer sagt dazu in der «Arena», für die SP brauche es vor allem punkto Lohnschutz noch Präzisierungen. Sie sei allerdings zuversichtlicher geworden, dass eine Lösung möglich werde.
Es stimmt nicht, dass der Europäische Gerichtshof entscheidet.
Wenig zuversichtlich ist Marco Chiesa. «Ein solches Abkommen würde die Schweiz und ihre Bevölkerung entmachten. Wir müssten EU-Recht übernehmen und fremde Richter akzeptieren.» In einem Streitfall zwischen der Schweiz und der EU würde, so seine Befürchtung, der Europäische Gerichtshof entscheiden.
Dem widersprach Bundespräsidentin Amherd vehement. In diesem Fall müsse sie jetzt etwas «tüpflischiisse». Bei einer Differenz könne das Schiedsgericht, zusammengesetzt aus Schweizer und EU-Richtern, den Europäischen Gerichtshof beiziehen. Die Schweiz könne sich allerdings auch dazu entscheiden, den Entscheid des Schiedsgerichts nicht zu akzeptieren. Dann könne die EU zwar «verhältnismässige Ausgleichsmassnahmen» verlangen, «aber es stimmt nicht, dass der Europäische Gerichtshof entscheidet».
Der Fahrplan des Bundesrats für die Verhandlungen mit der EU ist ambitioniert. Er möchte die Verhandlungen so rasch wie möglich vorantreiben. Kommende Woche will Viola Amherd am WEF in Davos die Gelegenheit nutzen und mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen reden.