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Asylgesetz Sommaruga: «Es besteht zurzeit keine Asyl-Notlage»

Die Schweiz befindet sich keinesfalls in einer Notlage im Asylbereich, sagt Justizministerin Sommaruga. Trotzdem haben Bund und Kantone Szenarien durchgerechnet, die eintreten könnten. Gemäss den Behörden ist das Land in der Lage, bis zu 6000 Asylgesuche pro Monat zu bewältigen.

Nach Einschätzung von Bund und Kantonen bleibt die Situation in den Herkunftsländern von Flüchtlingen und Asylsuchenden weiterhin unberechenbar. Zwar sei die Schweiz zum jetzigen Zeitpunkt nicht annähernd in einer Notlage, sagte Justizministerin Simonetta Sommaruga. «Wir rechnen zurzeit damit, dass auch in diesem Jahr nicht weniger als 40'000 Flüchtlinge in die Schweiz kommen werden.»

Keine verlässliche Prognose möglich

Es sei aber nicht ausschliessen, dass es in diesem Jahr deutlich mehr Asylgesuche geben werde als im letzten Jahr. «Ebenso wenig, dass die Zahl der Gesuche innert weniger Tage sehr stark steigt. Das zeigt die Erfahrung auch in anderen Ländern.»

Hans-Jürg Käser, Konferenz der Kantonalen Justiz und Polizeidirektoren, und Bundesrätin Simonetta Sommaruga.
Legende: Klar geregelte Kompetenzen zwischen Bund und Kantonen mit dem Notfallplan. Keystone

Gerade weil die Lage keine verlässliche Prognose zulasse, müssten sich Bund, Kantone, Städte und Gemeinden auf verschiedene Szenarien vorbereiten. Das oberste Ziel sei, auch in einer allfälligen Notlage alle Ankommenden zu registrieren. «Denn wir müssen wissen, wer zu uns kommt», sagte Sommaruga. Und danach müssten alle Asylsuchenden untergebracht und verpflegt werden.

Nach Angaben von Hans-Jürg Käser, dem Vorsteher der Konferenz der Kantonalen Justiz und Polizeidirektoren (KKJPD), wären die Schweizer Behörden in der Lage, bis zu 6000 Asylgesuche pro Monat zu bewältigen. Ab diesem Zeitpunkt würde es sich «um eine besondere, wenn nicht sogar um eine Notlage» handeln. Dann könnte auch der Sonderstab Asyl des Bundes SONAS eingesetzt werden.

Weitgehend föderale Einigkeit

An der Sitzung zum Asyl-Notfallplan teilgenommen haben neben den kantonalen Justiz- und Polizei- sowie Sozialdirektoren auch der Städte- und der Gemeindeverband. Für den Bund waren das Justiz- und Polizeidepartement (EJPD), das VBS, das Staatssekretariat für Migration (SEM) sowie das Grenzwachtkorps (GWK) beteiligt.

Unter der 50 Anwesenden habe «weitgehende Einigkeit» geherrscht, sagte Hans-Jürg Käser. Der Plan ist damit auf allen Ebenen des Landes breit abgestützt. Sommaruga lobte in diesem Zusammenhang, «dass die Schweiz eine so schwierige Situation nur dann gut bewältigen kann, wenn sich alle Partner gegenseitig unterstützen».

Tessin wartet auf wichtige Antworten

Trotz der grundsätzlichen Einigkeit bleiben für einige Kantonsvertreter gewisse Fragen offen. Der Tessiner Sicherheitsdirektor Norman Gobbi hielt fest, dass unklar sei, wie der Transport von Asylsuchenden aus Chiasso in andere Kantone und Verfahrenszentren bewerkstelligt werden soll. Zudem forderte Gobbi, das Staatssekretariat für Migration müsse den Betrieb auch über das Wochenende sicherstellen.

Der Tessiner Staatsrat liess zudem durchblicken, dass ihm die Flüchtlingszahlen in Süditalien Sorge bereiteten. Er verteidigte deshalb die Idee, dass das Grenzwachtkorps im Notfall durch die Armee unterstützt werden soll. Eine einsatzbezogene Ausbildung für die Armee sei jedoch wichtig: «Die Soldaten sollen ja nicht mit den Panzern kommen», sagte Gobbi.

Bundesrat muss entscheiden

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Mit einem allfälligen Einsatz der Armee und dem Asyl-Notfallplan wird sich der Bundesrat an einer kommenden Sitzung befassen. Bereits verabschiedet hat er die Requisitions-Verordnung. Diese erlaubt es Bund und Kantonen, im Notfall auf Zivilschutzunterkünfte der Gemeinden zurückzugreifen.

Peter Gomm, Vorsteher der Konferenz der kantonalen Sozialdirektoren (SODK), betonte, der Bund habe zugesagt, die Nutzung der Zivilschutzanlagen den Kantonen zu überlassen. Die Kantone würden dem Bund bei Engpässen dafür mit Anlaufstellen in der Nähe von Bundeszentren aushelfen.

Extremszenario mit 30‘000 Asylsuchenden

Die Grundlage für den Asyl-Notfallplan bildet ein mögliches extremes Szenario 3, bei dem es innert weniger Tage bis zu 30'000 irregulären Grenzübertritten kommt. «Das wären Zustände wie in Österreich im Herbst an der Grenze zu Slowenien», sagt SRF-Bundeshaus-Korrespondent Hanspeter Forster. Zumindest hätten Bund und Kantone nun aber eine wichtige Grundlage für die Bewältigung einer solchen möglichen Krise geschaffen. «Sie ziehen alle gemeinsam am gleichen Strick und haben die Kompetenzen klar geregelt.»

Im Extremfall mit 30‘000 Asylbewerbern auf einmal müsste zum Beispiel der Kanton Zürich gemäss dem geltenden Verteilschlüssel 3000 zusätzliche Asylbewerber aufnehmen. «Das wäre mit den heutigen Möglichkeiten nicht zu schaffen», sagt Forster. «Durch die Unterstützung des Bundes fühlen sich aber etliche Kantone mit der heutigen Notfallplanung von Bundes und der Kantone deutlich entlastet.»

Aber es blieben trotzdem noch viele Fragen offen. Etwa wie der Bund innert kürzester Zeit Tausende von Unterbringungsplätzen zur Verfügung stellen wolle. Oder wann die Armee genau zum Einsatz komme und ob es wirklich gelingt, Asylsuchende gemäss dem Dublin-Übereinkommen in die Herkunftsländer zurückzuschaffen.

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