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Asylgesuch abgelehnt Russischer Dienstverweigerer lehnt sich gegen Ausschaffung auf

Vasily Naryshkin floh vor dem Militärdienst und einer angedrohten Haft in die Schweiz. Nun soll er ausgeschafft werden.

Vasily Naryshkin ist 22 Jahre alt. In wenigen Tagen muss er gemäss Asylentscheid die Schweiz verlassen. Er muss zurück nach Russland, wo er vor drei Jahren geflohen ist – aus Angst vor Haft, vor einem Einsatz an der Front.

«Ich erwarte, dass sie mich am Flughafen verhaften und ins Gefängnis stecken. Im Gefängnis sterbe ich vielleicht. Viele Leute werden dort gefoltert», sagt Naryshkin. Zudem befürchtet er, nach einer möglichen Haftstrafe an die Front geschickt zu werden und gegen Ukrainer kämpfen zu müssen.

Proteste gegen den Krieg

Im Februar 2022 marschiert Russland in der Ukraine ein. Naryshkin, dessen inzwischen verstorbener Vater Ukrainer war, protestiert gegen den Krieg und sammelt Spenden für regierungskritische Organisationen. Trotz Studium erhält er die Einberufung als Rekrut. Er ignoriert sie. Als ihm deswegen zwei Jahre Haft angedroht werden, flieht er – alleine und ohne Abschied. «Ich habe niemanden etwas gesagt, weil ich Angst hatte, dass die Polizei mein Haus durchsucht, meine Freundin oder Familie verhaftet und dass sie gefoltert werden», sagt er beim Treffen in Zürich.

Person mit langen Haaren im Freien vor Bäumen.
Legende: Wird er ausgeschafft, will er in einen Hungerstreik treten: der 22-jährige Vasily Naryshkin. SRF

In der Schweiz stellt der junge Russe ein Asylgesuch, das aber abgelehnt wird. Die Begründung des Staatssekretariats für Migration (SEM): Angst vor Militärdienst reicht nicht aus. SEM-Sprecher Samuel Wyss sagt: «Wir sind uns der schwierigen, komplexen Situation in Russland bewusst. Aber Desertion oder Wehrdienstverweigerung alleine ist noch kein Asylgrund. Allenfalls kann diesen Personen Asyl gewährt werden, wenn sich zeigt, dass ihnen eine überaus harte Strafe drohen würde. Und das wird im Einzelfall vom SEM überprüft.»

Beschwerde bringt keinen Erfolg

Vasily Naryshkin versteht den Entscheid nicht. Er habe nichts mehr in Russland. Keine Familie, kein Zuhause, kein Studium. Zudem befürchtet er politische Verfolgung. Das sei bei der Beurteilung alles nicht berücksichtigt worden. Eine Beschwerde gegen den Entscheid hatte keinen Erfolg.

Die Schweiz sendet friedenspolitisch das falsche Signal.
Autor: Dominik Züsli Rechtsanwalt

«Der Entscheid entspricht der gängigen Praxis des SEM», sagt Dominik Züsli. Er ist Rechtsanwalt und Mitglied von Asylex, einem gemeinnützigen Verein, der Asylsuchende in ihren Verfahren mit rechtlicher Beratung unterstützt. Diese Praxis sei jedoch stossend, fügt Züsli an: «Die Schweiz sendet friedenspolitisch das falsche Signal. Sie schickt Personen, die einen völkerrechtswidrigen Krieg verweigern, zurück und setzt sich der Gefahr aus, dass sie eben doch einberufen werden.»

Vasily Naryshkin will weiter kämpfen. Er sucht das Gespräch mit Medien, Politikerinnen und Politikern. Notfalls will er auch in einen Hungerstreik treten.

Tagesschau, 10.06.25, 19:30 Uhr

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