- Die Bildungschancen werden unter anderem vom Wohnkanton beeinflusst, wie eine Studie zur Berufsmaturität zeigt.
- Ein Viertel aller Lernenden ergänzt in der Schweiz den Berufsabschluss nach dem Eidgenössischen Fähigkeitszeugnis mit einer Berufsmaturität (BM).
- Zwischen den Kantonen gibt es bei den Zulassungsbedingungen jedoch erhebliche Unterschiede.
Aufnahmeprüfungen mindern laut einer Studie die Chance am stärksten, eine Berufsmaturität zu beginnen und erfolgreich abzuschliessen, Aufnahmegespräche am wenigsten, wie die Eidgenössischen Hochschule für Berufsbildung EHB mitteilte.
«Die Ergebnisse der Studie legen nahe, dass Bildungschancen vom Wohnkanton mitbestimmt werden – unabhängig von der individuellen Leistungsfähigkeit», schreibt die EHB.
Prüfung, Notenschnitt, Empfehlung oder Gespräch
Die Kantone können demnach die Zulassungsbedingungen zu den Berufsmaturitätsschulen weitgehend selbstständig festlegen. Die minimale formale Voraussetzung für den Eintritt in eine Berufsmaturitätsschule ist bei der BM 1 in allen Kantonen ein unterschriebener Lehrvertrag und das Einverständnis des Lehrbetriebs. Für die BM 2 ist ein eidgenössisches Fähigkeitszeugnis (EFZ) die Grundvoraussetzung.
Je nach Kanton und Berufsmaturitäts-Typ ist zudem eine obligatorische Prüfung, ein bestimmter Notendurchschnitt, eine Empfehlung der abgebenden Schule, ein bestandener Vorbereitungskurs oder ein Aufnahmegespräch Voraussetzung.
Die unterschiedlichen Zulassungsbedingungen tragen dazu bei, dass sich die Berufsmaturitätsquote zwischen den Kantonen stark unterscheidet. Am häufigsten schliessen gemäss der EHB-Studie Berufslernende aus den Kantonen Tessin (42 Prozent) und Neuenburg (38 Prozent) eine Berufsmaturität ab. Die tiefsten BM-Quoten weisen die Kantone Uri und Schwyz mit je 16 Prozent auf.
Je höher die Zulassungshürde, desto tiefer die Abschlussquote
Viele Bildungseinrichtungen legitimieren die hohen Zulassungsvoraussetzungen damit, dass nur die fähigsten Lernenden, die gute Chancen haben, die Ausbildung erfolgreich abzuschliessen, aufgenommen werden sollen.
Laut der Studie der EHB ist dies jedoch nicht der Fall. Obligatorische Aufnahmeprüfungen würden die Wahrscheinlichkeit, die BM erfolgreich abzuschliessen, sogar reduzieren. Im Vergleich dazu sollen Lernende aus Kantonen, in denen ein Notendurchschnitt die Zulassung zur BM 1 regelt, eine um 5 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit haben, die Berufsmaturität erfolgreich abzuschliessen. Ähnlich sieht es in Kantonen aus, in denen Lernende mit einer Empfehlung der abgebenden Schule zugelassen werden.
Die Gründe sind vielfältig
In der Studie werden mehrere Ursachen aufgelistet, die den Zusammenhang zwischen BM-Abschlüssen und den Zulassungsbedingungen erklären könnten. Erstens würden Lernende aus Kantonen mit obligatorischen Aufnahmeprüfungen häufig private Vorbereitungskurse besuchen. Diese Kurse würden zwar die Chance, die Prüfung zu bestehen, erhöhen. Sie stellen laut Studie aber nicht sicher, dass Lernende mit dem Lerntempo der Berufsmaturitätsschule mithalten können.
Dies könnte ein Grund sein, wieso in Kantonen mit obligatorischen Aufnahmeprüfungen mehr Lernende mit einer BM beginnen, die den Leistungsanforderungen eigentlich nicht gewachsen sind.
Zweitens weist die Studie auf kulturelle Unterschiede hin, die eine Rolle spielen könnten. Die EHB schreibt: «Wenn Kantone weniger standardisierte Zulassungshürden zur BM vorsehen, dominiert in den Berufsmaturitätsschulen möglicherweise auch eine andere Lernkultur, in deren Rahmen Lernende während der Ausbildung besser unterstützt werden.»