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Aufrüstung der Schweizer Armee Chef Armeeplanung: «Wir sind wie ein Breitband-Antibiotikum»

Statt Sparrunden gibt es mehr Geld für die Armee. Und zwar viel mehr Geld. Künftig sieben statt heute fünf Milliarden. Aufrüsten heisst das Motto. Aber braucht die Armee das Geld überhaupt? Machen die zusätzlichen Milliarden die Schweiz sicherer? Der Chef der Armeeplanung gibt im Interview Auskunft.

Benedikt Roos

Chef Armeeplanung

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Brigadier Roos führt den Bereich Armeeplanung im Armeestab. Er ist direkt dem Chef Armeestab unterstellt und amtet ebenfalls als dessen Stellvertreter.

SRF News: Der Ukraine-Krieg hat in der Schweiz zu einem Stimmungswandel bezüglich der Armee geführt. Die Politik ist bereit, das Armeebudget bis 2030 schrittweise zu erhöhen, von fünf auf voraussichtlich sieben Milliarden. Sind das für Sie gute Neuigkeiten in schwierigen Zeiten?

Benedikt Roos: Ich wäre weit davon entfernt zu sagen, dass dies ein Glücksfall für die Armee ist; ganz im Gegenteil. Dass das Armeebudget nun erhöht wird, ist vor allem ein politischer Entscheid. Wir haben jetzt die Möglichkeit, Dinge, die wir später beschaffen wollten und erneuern müssten, vorzuziehen. Es ist aber nicht so, dass wir eine neue Wunschliste hätten.  

Die Linke kritisiert, das Parlament erhöhe das Budget auf Vorrat, ohne dass die Armee einen klaren Plan hätte, was sie damit macht.

Es gilt nach wie vor: Priorität hat die Beschaffung des neuen Kampfflugzeugs F-35 und des bodengestützten Verteidigungssystems. Für die Bodentruppen hatten wir bisher einen klaren Plan im Rahmen der Finanzen. Wenn es jetzt mehr Geld gibt, können wir das etwas beschleunigen.

Nächstes Jahr werden wir Versuche mit Drohnendetektion machen, also das Aufspüren von Drohnen und deren Abwehr.

Selbstverständlich beobachten wir den Konflikt genau. Es gibt neue Tendenzen, die ganze Drohnenproblematik zum Beispiel, wo sich zeigt, dass mit relativ einfachen Mitteln hohe Effizienz erreicht wird. Auch das haben wir antizipiert. Nächstes Jahr werden wir Versuche mit Drohnendetektion machen, also das Aufspüren von Drohnen und deren Abwehr.

Was sagen Sie zum Vorwurf, von allem ein bisschen und nichts richtig zu machen?

Wir verzetteln uns nicht. Ich sage immer: Wir sind wie ein Breitband-Antibiotikum, welches man einsetzen kann. Das zeigt auch unser Milizsystem. Wir nutzen alle Fähigkeiten aus der Miliz – und das ist unsere grosse Stärke.

Stichwort Bodentruppen: Was kann man da schneller beschaffen?

Minenwerfer oder Mörser, wie es heute heisst, ist zum Beispiel etwas, wo wir Nachholbedarf haben. Das können wir schneller beschaffen. Was auch wichtig ist: Auf dem modernen Gefechtsfeld sind die Systeme vernetzt. Das beschleunigt den ganzen Prozess vom Erkennen eines Ziels bis zur Wirkung auf irgendeinem Mittel.

Bei Minenwerfern haben wir Nachholbedarf. Ebenfalls Nachholbedarf gibt es bei der geschützten Mobilität.

Ebenfalls Nachholbedarf gibt es bei der geschützten Mobilität. Ich spreche nicht von Panzern, sondern von der Möglichkeit, dass wir Leute geschützt von einem Ort zum anderen bringen können.

Die Sicherheitsarchitektur in Europa verändert sich. Die Kritiker der Budgeterhöhung sagen, die Schweiz müsse auch mit den Nachbarn zusammenarbeiten und zuerst einmal ihren möglichen Beitrag definieren.

Es ist heute unmöglich, zu sagen, wie die Zusammenarbeit aussehen könnte. Mein Credo ist, dass wir Voraussetzungen schaffen, damit eine Zusammenarbeit möglich ist. Aber wir wissen nicht, wie die Sicherheitsarchitektur in Zukunft aussieht.  

Das Interview führte Gion-Duri Vincenz.

Rundschau, 08.06.2022, 20:05 Uhr ; 

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