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Aufruhr um «AHV-Leak» Wem der Aufruhr rund um das AHV-Leak nützt

Der Bund plante Abstriche bei der AHV-Finanzierung. Gekommen ist es anders – die Empörung im Netz ist aber gross.

Am Dienstagabend, einen Abend vor der offiziellen Bekanntgabe des Bundesrates zu seinen Sparplänen, veröffentlichte der «Tagesanzeiger» einen viel beachteten Artikel. Darin steht: Auch die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) soll von den Sparplänen des Bundesrats betroffen sein.

Angeblich wollte Finanzministerin Karin Keller-Sutter über fünf Jahre lang zu je 190 Millionen Franken den Bundesbeitrag an die AHV kürzen. So lauteten die zugespielten Informationen der Tamedia-Zeitung. Über die Urheberschaft und deren Motiv ist nichts bekannt.

Das Netz in Aufruhr

Passiert ist nichts davon. Der Rotstift soll unter anderem bei der Arbeitslosenversicherung (ALV) – und nicht bei der AHV – angesetzt werden, wie der Bundesrat gestern mitteilte .

Karin Keller-Sutter.
Legende: Viele Bereiche sind von den Sparplänen betroffen – aber nicht die AHV. Keystone/Anthony Anex

Ob Keller-Sutter im Bundesrat eine Niederlage erlitt oder ob sie selbst vom Antrag absah, ist laut der Tamedia-Zeitung nicht bekannt.

Die Empörung in der Schweizer Bevölkerung über das AHV-Leak ist gross. Unter dem Hashtag #RuecktrittKKS fordert das Netz gar die Abdankung der Finanzministerin. Das Narrativ häufig dasselbe: Warum rettet der Bund die CS mit Milliarden und denkt gleichzeitig darüber nach, bei der AHV zu sparen?

Die Eidgenössische Finanzverwaltung (EFV) dementiert dies. Die gesprochenen Verpflichtungskredite an die CS hätten keine unmittelbaren Auswirkungen auf das Budget und damit den Finanzhaushalt des Bundes.

Die Probleme im Bundeshaushalt haben gemäss EFV schon vor dem Fall Credit Suisse bestanden. Budgetiert – geschweige denn bezahlt – hat der Bund für die CS noch nichts. Er hat lediglich Garantien gesprochen, bei denen er auch Einnahmen generiert .

109 Milliarden Garantie – nicht 259 Milliarden

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Vom CS-Hilfspaket von insgesamt 259 Milliarden Franken übernimmt der Bund einerseits eine Ausfallgarantie zugunsten der SNB im Umfang von 100 Milliarden Franken für Liquiditätshilfedarlehen der SNB an die Credit Suisse. Hinzu kommen maximal 9 Milliarden Franken Garantie an die UBS für allfällige Verluste beim Verkauf von Teilen des CS-Portfolios.

Wem die Empörung nützt

Nun stellt sich die Frage: Wem nützt der ganze Aufruhr? Dafür müsse man sich anschauen, wer das Leak nutzte, um politische Stimmung zu machen und die öffentliche Empörung zu bewirtschaften. Das sagt Patrick Senn.

Der Jurist und ehemalige Journalist berät Firmen und Behörden in der Kommunikation und im Krisenmanagement. «Wenn ich die verschiedenen Stellungnahmen durchgehe und ein wenig durch Twitter surfe, ist es klar: Es ist die politische Linke, die jetzt versucht, daraus Kapital zu schlagen», sagt der Kommunikationsexperte.

Populisten links wie rechts nützten solche Taktiken natürlich gerne.
Autor: Patrick Senn Kommunikationsexperte

Über das Ziel der Leaks könne man im Moment nur spekulieren, meint Senn. Es sei naheliegend, dass genau diese Skandalisierung gesucht wurde im Sinne von ‹Für die Rettung einer Bank gibt man 250 Milliarden aus, bei den Kleinen spart man›.

Zwar sei dies eine nicht zulässige Verkürzung und Vermischung von völlig verschiedenen Sachverhalten, stimmt Senn dem EFD zu, «aber solche Taktiken nützten natürlich Populisten links wie rechts gerne», sagt Senn.

Solange die Urheberschaft und deren Motive nicht bekannt sind, wird das Spekulieren weitergehen. Der Bundesrat hat aber bereits angekündigt, gegen den Urheber der geleakten Unterlagen Strafanzeige zu erstatten.

So müsste der Bund reagieren

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Der Bundesrat hat zumindest einen Teil des Sparpakets – die Kürzung des AHV-Bundesbeitrags – mindestens vorläufig vom Tisch genommen. «Das ist wohl richtig gewesen, um die Polemik einzudämmen», sagt Patrick Senn. Aber es werde noch viel Kommunikationsarbeit brauchen, um den Unterschied zwischen den Liquiditätshilfen und den Sparbemühungen im Bundeshaushalt zu erklären.

Ausserdem werde es eine Rolle spielen, wie die Bankenübernahme vonstattengeht. «Je glatter das über die Bühne geht und je weniger negative Schlagzeilen das bringt, umso schneller kann die offene Flanke wieder – mindestens teilweise – geschlossen werden», so der Kommunikationsexperte.

Echo der Zeit, 29.03.2023, 18:00 Uhr

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