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Deutschland gefährdet Erfolg der Neat
Aus Echo der Zeit vom 02.04.2019. Bild: Keystone
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Ausbau der Rheintalstrecke Wegen Deutschland bleibt die Neat Stückwerk

Die Schweiz hat Milliarden in den Gotthard-Basistunnel investiert. Ohne unsere Nachbarn kommt er nicht zu voller Blüte.

1996 unterzeichnete der damalige Verkehrsminister Moritz Leuenberger mit seinem deutschen Amtskollegen Matthias Wissmann in Lugano eine Vereinbarung. Darin versprachen die beiden Länder, «ausreichende Kapazitäten für den Transitverkehr» auf der Schiene zur Verfügung zu stellen. Deutschland verpflichtete sich explizit, die Rheintalbahn zwischen Karlsruhe und Basel auf vier Spuren auszubauen.

2025, so hoffte man, würde der Güterkorridor zwischen Rotterdam und Genua funktionieren. Die Schweiz hat ihre Hausaufgaben gemacht und die Versprechen aus dem «Vertrag von Lugano» gehalten. Deutschland jedoch schiebt den Termin für den Vollausbau der Rheintalstrecke immer weiter hinaus.

Ernüchternde Berlin-Reise

2040 soll es frühestens soweit sein, hat eine Delegation der Verkehrskommissionen der eidgenössischen Räte Mitte Februar in Berlin bei einem Treffen mit dem Ausschuss für Verkehr des Deutschen Bundestags erfahren.

Deutschland hat eine himmeltraurige Verkehrspolitik im Schienenbereich.
Autor: Ulrich Giezendanner Nationalrat (SVP/AG)

Dies bestätigt Edith Graf-Litscher, die Präsidentin der nationalrätlichen Verkehrskommission: «Das macht mir wirklich Sorgen», sagt die SP-Nationalrätin. Bei den nördlichen Nachbarn brauche es dringend ein Umdenken. Die Prioritäten in Deutschland würden falsch gesetzt: «Deutschland ist geprägt durch die Autoindustrie. Es sind intensive finanzielle Mittel notwendig. Diese sind im Verdrängungskampf mit anderen politischen Handlungsfeldern.»

Transportunternehmer und SVP-Nationalrat Ulrich Giezendanner zeigt sich nach dem Besuch in Deutschland ernüchtert: «Deutschland hat eine himmeltraurige Verkehrspolitik im Schienenbereich.» Die Schweiz sei gegenüber den Deutschen jahrelang viel zu gutmütig gewesen.

Giezendanner wird deutlich

Die Deutsche Bahn habe die Lage nicht im Griff, ist Giezendanner nach dem Treffen mit dem Vorstandsvorsitzenden Richard Lutz überzeugt: «Die Leute bei der Deutschen Bahn haben einen schwachen Präsidenten. Es ist so, und ich traue mich, das zu sagen.»

Die Deutsche Bahn erklärt zu den Vorwürfen aus der Schweiz, grosse Teile der Neubaustrecke würden bis 2025 in Betrieb gehen. Damit sei rund die Hälfte der 182 Kilometer langen Strecke realisiert. Mit einem Beschluss des Deutschen Bundestages aus dem Jahr 2016 seien zudem die Weichen gestellt worden, um die Planung im Bereich zwischen Offenburg und Riegel optimieren zu können.

Daraus ergäben sich Neuplanungen, und diese würden «zwangsläufig» Zeit kosten. Man setze aber alles daran, auch hier «zügig zu einer Fertigstellung zu gelangen».

Vollständige Stellungnahme der Deutschen Bahn

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In den kommenden Jahren werden die Zulaufstrecken zum Gotthard-Basis-Tunnel schrittweise weiter ausgebaut. Auf deutscher Seite im Rahmen des Grossprojekts der Ausbau- und Neubaustrecke Karlsruhe-Basel. Hier sind grosse Teile der Strecke zwischen Karlsruhe und Offenburg sowie der Katzenbergtunnel bereits in Betrieb. Gebaut wird zudem zwischen Karlsruhe und Rastatt Süd (mit dem Rastatter Tunnel), zwischen Müllheim und Auggen sowie zwischen dem Katzenbergtunnel und Basel. Diese Streckenabschnitte werden zwischen 2024 und 2025 in Betrieb gehen.

Damit sind 51 Prozent der 182 Kilometer langen Strecke realisiert. Im Januar 2016 wurde mit einem Beschluss des Deutschen Bundestages die Weichen gestellt, um die Planung im Bereich zwischen Offenburg und Riegel optimieren zu können. Damit können viele Forderungen aus der Region erfüllt und die Planungen nunmehr weiter vorangetrieben werden. Die daraus sich ergebenden Neuplanungen kosten zwangsläufig Zeit, sind aber eindeutig zum Wohle der Anwohner. Die DB setzt alles daran, auch hier zügig zu einer Fertigstellung zu gelangen.

Giezendanner überzeugt das alles nicht. Er glaubt längst nicht mehr an die angestrebte massive Verlagerung des Güterverkehrs von der Strasse auf die Schiene durch die Neat, weil Deutschland versagt habe: «Die Verlagerung wird im heutigen Bereich stagnieren. Wenn der Warenaustausch zwischen Nord und Süd zunimmt, wird mehr Verkehr auf die Strasse kommen. Das ist sehr schade.»

Neat
Legende: Rund 23 Milliarden Franken wird die Schweiz bis am Schluss für den Bau der Neat ausgegeben haben. Ob sich das wirklich gelohnt hat? Auf eine Antwort wird man zwei weitere Jahrzehnte warten müssen. Keystone

Frustriert stellt der Transportunternehmer nach dem Treffen in Berlin fest: «Deutschland können wir nicht beeinflussen. Wir können nur zusehen, wie unfähig sie sind.» Graf-Litscher glaubt ihrerseits, wenigstens den politischen Willen bei den Vertretern des Deutschen Bundestages gespürt zu haben, jetzt endlich vorwärts zu machen.

Wunder allerdings erwartet auch die Präsidentin der nationalrätlichen Verkehrskommission keine: «Es besteht derart grosser Nachholbedarf, dass er nicht in zwei, Jahren aufgeholt werden kann.»

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