Um die Stromversorgungssicherheit in der Schweiz in Zukunft zu gewährleisten, will der Bund 16 Wasserkraftprojekte mit nationalem Interesse umsetzen. Eines davon soll bei Zermatt entstehen.
Unterhalb des Gornergletschers soll eine Staumauer gebaut werden und ein Speichersee entstehen. Andreas Stettler, Geschäftsführer des Schweizerischen Wasserwirtschaftsverbands Hydrosuisse, weibelt für das Projekt. Die Schweiz brauche vor allem Strom im Winterhalbjahr. Und das Projekt am Gornergletscher habe den grössten Speicherinhalt: «Das Projekt wird stark dazu beitragen, dass die Versorgungssicherheit im Winter besser wird.»
Ständerat gegen die Streichung des Beschwerderechts
Auch das Parlament will bei der Gorner-Staumauer und den 15 anderen ausgewählten Wasserkraftprojekten aufs Gaspedal drücken. Doch die Fronten sind seit Monaten verhärtet. Der Ständerat wollte den Umweltverbänden ihr Beschwerderecht streichen. Der Nationalrat will nicht ganz so weit gehen.
Am Dienstag hat der Ständerat überraschend nachgegeben und einen Kompromiss vorgeschlagen: Umweltverbände sollen gegen die 16 Wasserkraftprojekte weiterhin eine Beschwerde einreichen dürfen. Wird sie abgelehnt, sollen sie diese jedoch nur noch an die höchste kantonale Instanz weiterziehen können und nicht mehr bis vors Bundesgericht. Man wolle den Umweltverbänden «nicht an den Kragen», sagt FDP-Ständerat Thierry Burkart im Rat. Sondern man wolle eine «echte Beschleunigung» beim Zubau der erneuerbaren Energien.
Vorschlag erntet nicht nur Beifall
Der Zürcher Regierungsrat Martin Neukom sieht den Vorschlag des Ständerats skeptisch. «Dass man das Bundesgericht als letzte Instanz herausstreicht, überzeugt mich aus rechtlicher Sicht nicht», konstatiert er. Wenn dies ein Kompromiss sei, den alle akzeptierten, könne er aber damit leben.
Die Stiftung Landschaftsschutz wird mit ihrer Kritik konkreter. Die Umweltorganisation befürchtet viele Unsicherheiten. In einem föderalistischen Staat wie der Schweiz sei Rechtsgleichheit «extrem wichtig», sagt Co-Geschäftsführerin Franziska Grossenbacher. Der Vorschlag des Ständerats werde dazu führen, dass unterschiedliche Kantonsgerichte jene 16 Projekte beurteilen würden und so Rechtsungleichheit geschaffen werde.
Dieser Kritik hält Mitte-Ständerat Stefan Engler, einer der Strippenzieher dieses Kompromissvorschlags, entgegen: «Ich habe Vertrauen in die kantonalen Obergerichte, die letztinstanzlich entscheiden würden, was umweltrechtlich möglich wäre und was nicht.»
Für das noch junge Projekt am Fusse des Gornergletschers bedeutet der Kompromiss, dass die Staumauer rascher gebaut werden könnte. Es wurden bereits Sondierbohrungen durchgeführt. Für Andreas Stettler von Hydrosuisse habe der Kompromiss den Vorteil, dass eine Instanz wegfalle. «Das Bundesgericht wird nicht mehr entscheiden können. So sparen wir etwa zwei Jahre ein, wenn es so weit kommt.»
Theoretisch könnte die Staumauer bei Zermatt bereits in sechs Jahren stehen. Dafür braucht es aber eine Einigung im Parlament.