Zum Inhalt springen

Ausserordentliche Session Zuwanderung: Nationalratsdebatte im Zeichen des Wahlkampfs

Drei Wochen vor den Wahlen werben Parlamentarier mit lautstarken Forderungen im Bundeshaus. Die Rechte war mit einer Debatte zu Zuwanderung und Asyl an der Reihe.

Eine Migrationsdebatte so kurz vor den Wahlen – das hört sich an wie vertonte Wahlplakate. «Es kommen zu viele und es kommen die Falschen», heisst es von der SVP. Die FDP kontert mit ihrem Migrations-Slogan «hart aber fair».

Den Ton gibt die SVP an: Nationalrat Andreas Glarner verlangt Obergrenzen und Kontingente für alle Zuwanderer: «Neun Millionen Einwohner haben wir bereits letzte Woche erreicht, bald werden es zehn Millionen sein.»

Asylverfahren will die SVP gleich ganz auslagern ins Ausland – damit die Menschen keinen Anreiz hätten, nach Europa zu kommen, sagt Gregor Rutz. «Wir können hier nicht immer diskutieren, in welcher Turnhalle man noch wie viele Betten aufstellen kann, wir müssen die Migrationsströme unterbrechen.»

Bekannte Forderungen, vertraute Konter

Es sind bekannte Forderungen der SVP und vertraut tönen auch die Konter von Links. Wer wirklich etwas tun wolle gegen die Migration, müsse weltweit Armut und Unterdrückung bekämpfen, sagt Fabian Molina von der SP. «Die Schweiz als reichstes Land der Welt kann und muss sich diese Hilfe leisten.»

Die Linken wollen mehr Entwicklungshilfe und Hilfe für die Ukraine. Doch den Entscheid über ihre Forderungen hat der Nationalrat auf die Zeit nach den Wahlen verschoben. Bleiben also die Forderungen von rechts. Die Rezepte der SVP sind im übrigen bürgerlichen Lager chancenlos.

Die Zuwanderung generell begrenzen? Gift für die Wirtschaft, sagt FDP-Vizepräsident Andri Silberschmidt. «Ein Teil der Schweizer Erfolgsgeschichte wird durch Personen geschrieben, welche in die Schweiz einwandern.»

Asylverfahren ins Ausland verlagern? Unmöglich, sagt EVP-Nationalrat Marc Jost. Grossbritannien und Dänemark seien beide damit gescheitert. «Eine Auslagerung von Asylverfahren in Drittstaaten verstösst sowohl gegen Völkerrecht als auch gegen unsere eigenen humanitären Prinzipien.»

29 Fragen an Justizministerin

Dann spricht Justizministerin Elisabeth Baume-Schneider. Auch sie weist die Forderungen der SVP zurück. Als sie fertig ist, zeigt der Nationalratspräsident auf eine lange Warteschlange im Ratsaal.

29 Nationalrätinnen und Nationalräte der SVP stehen Schlange – eine nach dem anderen löchert die SP-Bundesrätin mit Fragen zu Schleppern auf dem Mittelmeer, zum Ausländeranteil in den Gefängnissen, zum Autobahnstau wegen des Bevölkerungswachstums und so weiter. Die Bundesrätin antwortet ausführlich, sachlich – und streitet Probleme nicht ab, zum Beispiel in Klassen mit sehr vielen ausländischen Kindern.

SVP-Nationalrätinnen und Nationalräte warten, um ihre Fragen an die Bundesrätin zu stellen.
Legende: SVP-Nationalrätinnen und Nationalräte warten, um ihre Fragen an die Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider zu stellen. KEYSTONE/Anthony Anex

Es sei schwierig, in solchen Klassen das gleiche Unterrichtsniveau zu erreichen – sie bestreite das nicht. Aber die Kantone würden viel bei der Integration unternehmen. Die Justizministerin meistert den Fragemarathon und der Nationalrat stimmt ab. Obergrenzen für die gesamte Zuwanderung? Nur die SVP stimmt zu. Entsprechend deutlich ist das Nein. Dasselbe bei Asylverfahren im Ausland.

Nur eine kleinere Überraschung gibt es: Die FDP erzielt eine Mehrheit mit ihrer Forderung rund um Asylsuchende, die sich länger in einem sicheren Drittland aufgehalten haben. Die Schweiz solle auf solche Gesuche ausnahmslos nicht eintreten, entscheidet der Nationalrat. Eine Forderung, die noch zu reden geben wird. Sie geht nun in den Ständerat.

Echo der Zeit, 27.09.2023, 18:00 Uhr

Meistgelesene Artikel