Sie ist grün, metallisch glänzend und macht derzeit den Forensikern die Arbeit schwer: Eine neue Schmeissfliegen-Art hat sich hierzulande eingenistet. Kam sie zuvor nur in wärmeren und tropische Gebieten vor, ist sie durch den Klimawandel nun auch in Mitteleuropa heimisch geworden.
Hier frisst sie andere Maden an Kadavern und beeinflusst die Entwicklungszeit von Insektenlarven. Dies macht es laut einer Studie für Forensiker schwieriger, einzuschätzen, wie lange ein Kadaver schon daliegt.
Insekten liefern wichtige Hinweise
Denn Insekten auf Leichen können eine wichtige Hilfe bei Mordermittlungen sein, sagt Kadaver-Ökologe Christian von Hoermann von der Universität Würzburg. Hunderte von Insektenarten bevölkern einen toten Körper – und liefern Experten eine Vielzahl an Spuren.
Besonders bedeutend sind dabei die Larven bestimmter Fliegen und Käfer. Experten können anhand des Insektenbefalls feststellen, wie lange Leichen schon an einem bestimmten Ort gelegen haben – oder ob sie zuvor schon an einem anderen Ort gewesen sind.
Die Maden der neuen Schmeissfliege erschweren nun diese Untersuchungen. «Man muss sich vorstellen, ein Ermittler kommt zu einem Fall und will die Liegezeit schätzen. Er findet dann diese räuberischen Maden, die alle anderen schon gefressen haben und denkt, das sind die ersten Maden. Das verändert dann die Schätzung der Liegezeit sehr stark», sagt von Hoermann.
Schmeissfliege wird noch nördlicher wandern
Der Kadaver-Ökologe hatte ein Forschungsprojekt im tschechischen Nationalpark Šumava durchgeführt. Mehr als zwei Monate beobachteten die Wissenschafter die Verwesung eines Wisentkadavers. Dabei sei erstmals die neue Schmeissfliegen-Art im Nationalpark entdeckt worden. Bisher waren Funde nur aus wärmeren Gebieten in Südeuropa, den orientalischen und tropischen Regionen bekannt.
«Die Ermittlungsbehörden müssen nun schauen, wo diese Fliege überall vorkommt», sagt von Hoermann. Derzeit sei sie schon in Deutschland verbreitet und werde wahrscheinlich noch nördlicher wandern. «Auch Schweden und Dänemark müssen in Zukunft mit ihr rechnen.»
Liegezeit muss neu berechnet werden
Um die forensische Arbeit besser an die Auswirkungen der neuen Schmeissfliege anzupassen, müsse nun weiter geforscht werden, so von Hoermann. Im Labor werden die Schmeissfliegen anderen Fliegenarten ausgesetzt, um zu schauen, wie schnell sie sich im Vergleich zu den anderen Arten entwickelt. «Dies wird dann in die Schätzung der Liegezeit einberechnet. Ein gewisser Korrekturfaktor also.»
Der Ökologe rechnet damit, dass sich die Ermittlungsbehörden mit dem sich ändernden Klima auch künftig an neue Arten anpassen müssen. «Man muss immer damit rechnen, dass wir wieder neue Besucher bekommen. Es können auch Pilze, wie Fliegentöter-Pilze auftreten, die sich dann wieder auf die Schmeissfliegen auswirken.» Deshalb sei es wichtig, flächendeckend tote Wildtiere zu untersuchen, um vorbereitet zu sein, wenn neue Arten dazukommen.