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Bahnunterbruch Nach Zug-Chaos in Olten: SBB ist gegen Kletterer machtlos

Ein Mann kletterte am Mittwoch in Olten auf einen Strommast. 90 Züge fielen aus – tausende Pendlerinnen und Pendler waren betroffen.

Es ging nichts mehr am Bahnhof Olten: Am Mittwochnachmittag um 16:45 Uhr kletterte ein 29-jähriger Mann auf einen Fahrleitungsmast im Bahnhof Olten. Die Polizei versuchte zunächst vergeblich, den Mann dazu zu bewegen, wieder herunterzusteigen. Der Bahnverkehr kam zum Erliegen – und das ausgerechnet im Feierabendverkehr.

«Wir haben sofort die Fahrleitungen im gesamten Bahnhof abgeschaltet, als wir vom Vorfall erfahren haben», sagt SBB-Mediensprecher Reto Schärli.

Es geht um ein Menschenleben. Da geht man keine Kompromisse ein.
Autor: Reto Schärli Mediensprecher SBB

Denn nicht nur das Berühren der Fahrleitungen kann tödlich sein. Der Strom kann auch eine gewisse Distanz überspringen. «Es geht um ein Menschenleben», betont Schärli. «Da geht man keine Kompromisse ein.»

Tausende Pendlerinnen und Pendler gestrandet

Olten ist das Herzstück des Schweizer Eisenbahnnetzes, an dem sich die Ost-West-Achse und die Nord-Süd-Achse kreuzen. Entsprechend gross waren die Folgen für den Zugverkehr: Über 90 Züge fielen aus, viele weitere hatten grosse Verspätung.

Tausende von Pendlerinnen und Pendler steckten fest. Ersatzbusse gab es keine. «Im Feierabendverkehr sind auch die Busbetriebe voll ausgelastet», erklärt Reto Schärli. «Darum war es nicht möglich, so schnell einen Bahnersatz aufzugleisen.»

Ein blau-weisses Schild, auf dem «Olten» steht. Im Hintergrund ein SBB-Zug. §
Legende: Mehr als 84'000 Personen stiegen im letzten Jahr durchschnittlich an einem Werktag am Bahnhof Olten ein oder aus. Damit gehört Olten zu den zehn meist frequentierten Bahnhöfen der Schweiz. Keystone / Urs Flüeler

Auch am Donnerstagmorgen war die SBB noch mit den Folgen des Bahnunterbruchs beschäftigt. «Die Züge, die nicht mehr fahren konnten, standen natürlich komplett am falschen Ort. Die mussten wir neu disponieren.» Rund 90 Züge mussten also wieder verschoben werden. Schärli betont: «Für die Angestellten in der operativen Zentrale war das ein Grosseinsatz, der bis in die tiefe Nacht andauerte.»

Betroffene haben Anrecht auf Entschädigung

Box aufklappen Box zuklappen

Der Vorfall könnte die SBB teuer zu stehen kommen. Denn viele Betroffene haben Anspruch auf eine Entschädigung. So steht es im Bundesgesetz:

  • Bei Verspätungen von mehr als einer Stunde haben ÖV-Reisende einen Entschädigungsanspruch von 25 Prozent des Fahrpreises.
  • Bei Verspätungen von mehr als zwei Stunden sind es 50 Prozent. Die Entschädigung kann geltend gemacht werden, wenn sie mindestens 5 Franken beträgt.
  • Entschädigungsberechtigt bei Verspätungen im ÖV sind Passagiere, die ein Billett für mindestens 20 Franken gelöst und mehr als eine Stunde Verspätung erlitten haben, bzw. ein Billett für mindestens zehn Franken gelöst und mehr als zwei Stunden Verspätung erlitten haben.

    Alternativ haben Passagiere die Möglichkeit, bei Verspätungen die Reise gar nicht erst anzutreten und sich den Fahrpreis zurückerstatten zu lassen. Für Abonnementsbesitzer hat die ÖV-Branche ebenfalls Entschädigungsregelungen festgelegt.

    Die Ansprüche müssen bei den Transportunternehmen bzw. bei deren Branchenverband geltend gemacht werden. 

Erst im April kam es im Kanton Aargau zu einem ähnlichen Vorfall. Damals stieg ein Mann ebenfalls auf einen Fahrleitungsmast. Die Bahnlinie zwischen Aarau und Olten war daraufhin für rund zwei Stunden unterbrochen. Gegen solche Ereignisse kann die SBB kaum etwas unternehmen. Mediensprecher Reto Schärli: «Alles, was wir in diesem Fall tun können, ist, den Strom so schnell wie möglich abzuschalten.»

Fahrleitungs-Kletterer verletzte sich

Beim Einsatz am Mittwoch zog die Polizei Spezialisten der Verhandlungsgruppe hinzu. Diese konnten den 29-Jährigen nach rund eineinhalb Stunden überreden, wieder herunterzusteigen. Dabei liess er sich auf das Perron fallen und verletzte sich am Bein und am Becken, wie die Kantonspolizei Solothurn mitteilt. Neben der Kantonspolizei waren auch die Feuerwehr Olten, die Transportpolizei, Angehörige der SBB sowie eine Dolmetscherin im Einsatz. Warum der Mann auf den Strommast geklettert war, ist unklar.

Regionaljournal Aargau Solothurn, 24.6.2025, 06.30 Uhr ; 

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