- Die Basler Staatsanwaltschaft muss einen Gummischrot-Einsatz der Basler Polizei untersuchen.
- Der Einsatz erfolgte 2018 im Zuge der ersten «Basel-Nazifrei»-Demonstration.
- Der Gummischrot-Einsatz sei «aus mehreren Gründen problematisch», begründet das Appellationsgericht seinen Entscheid.
Das Urteil des Basler Appellationsgerichts dürfte die Staatsanwaltschaft nicht freuen. Sie hatte einer Anzeige eines Demonstranten gegen die Polizei nämlich nicht nachgehen wollen. Dieser wollte sich gegen einen Gummischrot-Einsatz der Polizei wehren. Die Staatsanwaltschaft nahm seine Anzeige aber nicht an. Der Demonstrant gelangte deswegen ans Appellationsgericht – und erreichte dort einen Sieg.
Nun muss sich die Staatsanwaltschaft mit dem Fall beschäftigen. Ablehnen hätte sie ihn nämlich nur «bei klarer Straflosigkeit oder offensichtlich fehlenden Prozessvoraussetzungen» dürfen, so das Gericht. Die Staatsanwaltschaft wird im Entscheid von Dienstag «verbindlich angewiesen, gegen die für den umstrittenen Mitteleinsatz verantwortlichen bzw. im Einsatz stehenden Polizeibeamten zeitnah eine Untersuchung zu eröffnen».
Videos würden Aussage des Einsatzleiters widerlegen
Über den Enscheid freut sich Andreas Noll, der den Mann vertritt, der beim Gummischrot-Einsatz verletzt worden sei und sich juristisch gegen ihn wehrt.
«Zentral war eine Aussage des örtlichen Einsatzleiters», sagt Noll. Dieser habe ausgesagt, die Polizei sei massiv angegriffen worden und habe deswegen Gummischrot eingesetzt. «Man sieht aber auf Videos, dass das nicht der Fall gewesen ist.»
Das Appellationsgericht schreibt, auf Videos sehe man einzelne Teilnehmende, die ein gelbes Absperrband der Polizei überschritten hätten. Das sei aber «mehr als Provokation denn als effektive Bedrohung zu werten». Zudem bestünden Anhaltspunkte dafür, dass der für den Gummischrot notwendige Mindestabstand nicht eingehalten worden sei.
Rechtsextreme wollten eine Kundgebung durchführen
Hintergrund ist eine Kundgebung im Jahre 2018. Damals traf sich die rechtsextreme Partei National Orientierter Schweizer (PNOS) auf dem Messeplatz in Basel. Dagegen formierte sich Widerstand. Tausende demonstrierten gegen die bewilligte PNOS-Kundgebung. Es war die erste «Basel-Nazifrei»-Demonstration. Sie war nicht bewilligt.
«Basel Nazifrei» verhinderte PNOS-Kundgebung
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Bild 1 von 7. Die Partei national orientierter Schweizer (PNOS) veranstaltete im November 2018 eine Kundgebung auf dem Messeplatz in Basel. Bildquelle: Keystone/Georgios Kefalas.
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Bild 2 von 7. In Basel wollten Tausende den Rechten keinen Platz lassen und veranstalteten eine Gegendemonstration unter dem Slogan «Basel Nazifrei». Diese fand am selben Ort wie die PNOS-Kundgebung statt. Bildquelle: Keystone/Georgios Kefalas.
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Bild 3 von 7. Eine Rede halten wollte an der PNOS-Kundgebung der deutsche Politiker Karl Richter. Er hatte zuvor Verständnis für den rechtsradikalen Massenmörder Anders Breivik geäussert. Die Polizei trennte Kundgebung und Demonstration. Bildquelle: KEYSTONE/Georgios Kefalas.
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Bild 4 von 7. Die PNOS-Kundgebung war bewilligt. Die Gegendemonstration war nicht bewilligt. Bildquelle: Keystone/Georgios Kefalas.
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Bild 5 von 7. Die Polizei schütze die kleine Kundgebung der Rechten vor der den deutlich zahlreicheren «Basel Nazifrei"-Teilnehmenden. Bildquelle: Keystone/Georgois Kefalas.
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Bild 6 von 7. In den Folgejahren kam es immer wieder zu «Basel Nazifrei»-Demonstrationen. Hier im November 2020 zwei Jahre nach der ursprünglichen Demonstration. Bildquelle: KEYSTONE/Georgios Kefalas.
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Bild 7 von 7. 2023 rief «Basel Nazifrei» zu einer Demonstration gegen die Demonstration von Mass-Voll auf. Beide wurde im Vorfeld verboten. Bildquelle: KEYSTONE/Georgios Kefalas.
Die «Basel Nazifrei»-Demonstration wühlte sowohl die Basler Politik als auch die Justiz auf. Es kam zu einer regelrechten Flut von Prozessen gegen Teilnehmerinnen und Teilnehmer der «Nazifrei»-Demonstration.
Zudem wurde der damalige PNOS-Chef wegen antisemitischer Aussagen an der Kundgebung zu einer Geldstrafe verurteilt.