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Wie Peter Amacher Kristalle aus dem Gotthardtunnel birgt
Aus Echo der Zeit vom 03.01.2023. Bild: SRF/Christian Oechslin
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Bau der zweiten Röhre Uri wacht streng über die Kristalle der Gotthard-Baustelle

Bei den Arbeiten für den neuen Gotthard-Strassentunnel kommen Schätze ans Licht, die Uri sich nicht stehlen lassen will.

Geologe Peter Amacher hat ein Büro in Amsteg, doch lange hält er es dort nie aus. Wann immer möglich geht er nach Göschenen, dorthin, wo Mineure vergangenes Jahr begonnen haben, von Norden her den neuen Gotthard-Strassentunnel ins Felsmassiv zu treiben. In Helm und orangem Übergewand streift er dann über die Baustelle. Prüft, ob neue Felsspalten mit Kristallen zum Vorschein gekommen sind.

Der 68-jährige Amacher, bärtig und mit furchigem Gesicht, ist Mineralienaufseher des Kantons Uri. Der entstehende Tunnel lässt ihn nicht los: «Wenn ich fünf oder sechs Tage nicht drin war, bin ich auf Entzug», sagt er.

Wenn ich fünf oder sechs Tage nicht im Tunnel war, bin ich auf Entzug.
Autor: Peter Amacher Urner Mineralienaufseher

Denn Peter Amacher ist auch Strahler – so nennen sich die Mineralien- und Kristallsucher im Alpenraum. Und für einen Strahler ist eine Baustelle wie jene in Göschenen, wo die Baumaschinen jeden Tag etwas tiefer in das Gotthardmassiv eindringen, ein wahres Geschenk.

Sprengung im Tunnel brachte «Spitzenstücke» ans Licht

Erst im September legte hier eine Sprengung eine glitzernde Kluft frei, gut 300 Meter im Inneren des Berges, voll mit Bergkristallen und Rosafluoriten.

Mineralienaufseher Amacher und sein Team haben danach mehrere Hundert Kilogramm Material geborgen und die schönsten Stücke herausgesucht, sie gereinigt und eingelagert. «Absolute Spitzenstücke», sagt er: «Super Glanz, wunderbare Farbe. Einer der besten Funde der Schweiz.»

Ein Rosafluorit, der im Herbst im Stollen der zweiten Gotthardröhre geborgen wurde.
Legende: «Super Glanz, wunderbare Farbe»: Ein Rosafluorit, der im Herbst im Stollen der zweiten Gotthardröhre geborgen wurde. Kanton Uri, Baudirektion

Ihr Wert ist noch nicht definitiv bestimmt; fest steht jedoch: Es sind wahre Schätze, die der Berg hier immer wieder freigibt, nachdem sie während Millionen von Jahren in seinem Inneren entstanden sind.

Kantone wollen die Mineralien nicht aus der Hand geben

Uri hat darum – genau wie das Tessin auf der Südseite der Gotthardbaustelle – ein Interesse daran, sich möglichst viele dieser Kristalle zu sichern.

Denn diese seien Eigentum der Urner Bevölkerung, heisst es bei der Baudirektion. Sie sollen in Ausstellungen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht oder hochrangigen Gästen als Geschenk überreicht werden, Mitgliedern des Bundesrats etwa.

Die 300 Kilogramm schwere Kristallgruppe des «Schatzese vom Planggenstock»
Legende: «Der Schatz vom Planggenstock»: Die gut 300 Kilogramm schwere Kristallgruppe, die Strahler 2005 oberhalb der Göscheneralp entdeckten, gilt als einer der bedeutensten Kristallfunde – hier in einer Ausstellung in Flüelen. Keystone/Sigi Tischler

Sie sollen aber auch der Wissenschaft zugutekommen; Uri arbeitet hier eng mit der Universität Genf zusammen. «Kulturhistorisch sind die Funde von grosser Bedeutung», sagt Angel Sanchez von der Baudirektion. «Kürzlich entdeckten Strahler im Gotthardgebiet Kristalle, die in der Steinzeit als Pfeilspitzen und als Werkzeuge genutzt wurden.»

Diebstahlversuche gibts immer wieder

Mineralienaufseher Amacher soll jedoch nicht nur dafür sorgen, dass der Kanton der Mineralien habhaft wird, die es auf seinem Gebiet gibt – sondern auch dafür, dass sie nach ihrer Entdeckung nicht gestohlen werden. Der Geologe oder jemand aus seinem sechsköpfigen Team ist darum täglich im Stollen unterwegs.

Diebstahlversuche gebe es immer wieder, sagt Amacher: «Einmal habe ich vor dem Stollenportal vier Rucksäcke gefunden, einer davon wahnsinnig schwer. Ich öffnete ihn – er war voller Bergkristalle. Eine Deliktsumme von etwa 7000 Franken.» Wird ein Mineur beim Kristall-Klau erwischt, gibts eine Verwarnung, beim zweiten Mal eine Anzeige; beim Bau des Gotthard-Basistunnels kam es gar zu gerichtlichen Verurteilungen.

Die Arbeit auf der Gotthardbaustelle geht Peter Amacher vorläufig nicht aus. Bis zum geplanten Tunneldurchschlag 2026 dürfte er noch einige Kristalle bergen, dazu gebe es Erfahrungswerte vom Bau des ersten Strassentunnels, sagt er – und freut sich schon auf seinen nächsten Besuch im Stollen.

Echo der Zeit, 04.01.2023, 18:00 Uhr;

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