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Belastung der Haushalte Mit den Krankenkassen-Reserven gegen den Prämien-Anstieg?

Herbst 2021 – erstmals seit über einem Jahrzehnt sind die Krankenkassenprämien nicht angestiegen und in einigen Fällen sogar gesunken. Dies noch in der Pandemie und dank rund 380 Millionen Franken aus den Reserven der Krankenversicherungen.

Diese freiwillige, spürbare Prämienentlastung seitens der Versicherer wurde möglich, weil die Politik vorher das Minimum an verlangten Reserven bei den Krankenkassen gesenkt hatte. Die Belastung durch die Pandemie und die gute finanzielle Situation der meisten Krankenkassen rechtfertigten diesen Schritt. Für Bundesrat und Bundesamt für Gesundheit war klar, dass das auch in den Folgejahren möglich sein soll.

Finanzielles Polster ist dahin

Doch nur ein Jahr später muss selbst Bundesrat Alain Berset vor dem Parlament feststellen: «Die Ereignisse seit Anfang 2022 haben – Stand heute – zu einer weiteren Senkung der vorhandenen Reserven auf deutlich unter zehn Milliarden Franken geführt.» Das finanzielle Polster ist dahin.

Gleich klingt es bei den beiden Krankenkassenverbänden. Für Curafutura stellt Kommunikationsleiterin Simone Hinnen fest: «In einem Krisenjahr wie diesem, mit einem schlechten Börsengang, ist es sicher nicht angezeigt, weiter Reserven abzubauen.» Santésuisse hat Anfang Monat festgehalten, dass die Reserven ihrer Mitglieder um etwa ein Drittel zurückgegangen seien. Damals stand für Direktorin Verena Nold fest: «Die Reserven sind nicht mehr da, um die Prämien tief zu halten und deshalb wird es zu einem Prämiennachholbedarf kommen. Und der kommt eben jetzt, für die Prämien 2023.»

Kaum Spielraum für nächste Prämienrunde

Dass für die nächste Prämienrunde den Versicherern Spielraum fehlt, ist auch im Parlament angekommen. Beispielsweise beerdigte der Ständerat die Idee, den Krankenkassen vorzuschreiben, Reserven dafür einsetzen zu müssen, Prämienanstiege abzufedern. Die Idee stammte aus dem Nationalrat, getragen von einer klaren Mehrheit.

Nun fühlen sich die Unterlegenen im Nationalrat bestätigt. Christian Lohr, Thurgauer Gesundheitspolitiker der Mitte-Partei, sagt dazu: «Wir müssen uns bewusst sein, dass die Krankenkassen schon Reserven haben müssen, um die künftigen Aufgaben zu bestreiten. Daher würde ich im Moment ganz klar bei dem freiwilligen Reservenabbau bleiben und nicht noch unnötige Regulierungen einbringen.

Auch für die Zürcher SVP-Gesundheitspolitikerin Therese Schläpfer ist klar – kein weiterer Abbau der Reserven: «Das Minimum, das Soll ist jetzt erreicht, mit dem Aufbrauchen der Reserven. Die Reserven sind ja dafür da, um allfällige Kosten decken zu können, wenn das sonst nicht mehr geht.»

Für weitere gesetzliche Eingriffe zu den Reserven der Krankenkassen ist zwar auch die SP nicht. Doch mahnt die St. Galler Nationalrätin Barbara Gysi: «Nach wie vor gibt es eine sehr hohe Belastung für alle Haushalte. Darum, wenn Reserven abgebaut werden können, dann muss das auch geschehen.» Doch das dürfte wohl nicht der Fall sein in diesem Jahr.

Echo der Zeit, 24.09.2022, 18:00 Uhr ; 

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