Darum geht's: Im Kanton Solothurn sollen Familien künftig Betreuungsgutscheine erhalten. Die Gutscheine können sie in Kindertagessstätten, einem Hort oder bei Tagesfamilien einlösen. Wie hoch die finanzielle Unterstützung ausfällt, hängt vom Einkommen und dem Vermögen der Familie ab. Die Gemeinden sollen die Betreuungsgutscheine finanzieren, der Kanton würde sich mit 40 Prozent an den Kosten beteiligen. Profitieren davon würden rund 90 Prozent der Familien.
Die Situation heute: Im Kanton Solothurn regeln die Gemeinden das Angebot der ausserfamiliären Kinderbetreuung. Dadurch herrsche eine Ungleichheit, findet der Regierungsrat. Aktuell gehen rund 15 Prozent der Kinder im Kanton Solothurn in eine Kita, einen Hort oder eine Tagesfamilie. Der Anteil ist deutlich tiefer als im schweizweiten Vergleich: Im Durchschnitt werden in der Schweiz rund 40 Prozent der Kinder in einer solchen Institution betreut.
Die Kosten der Betreuungsgutscheine: Die 106 Solothurner Gemeinden würden laut Kanton bis zu 11.7 Millionen Franken pro Jahr bezahlen. Da viele Gemeinden heute schon eine finanzielle Unterstützung anbieten, wären die Mehrkosten bei bis zu 3 Millionen Franken. Der Kanton müsste pro Jahr 7.6 bis 8.6 Millionen Franken bezahlen. Die Eltern selbst würden weiterhin den Grossteil der Kosten tragen mit einem Beitrag von bis zu 19.5 Millionen Franken.
Wer ist dafür, wer dagegen? Im Parlament wurde die Vorlage mit 65 zu 29 Stimmen angenommen. Dafür sind die linken Parteien, die Mitte und die GLP, dagegen die SVP und die FDP (die im Parlament noch gespalten war). Es gibt aber in beiden Lagern Ausreisser. So ist der SP-Gemeindepräsident von Zuchwil, Patrick Marti, gegen das Gesetz, weil dieses seiner Gemeinde hohe Zusatzkosten beschere. Demgegenüber engagiert sich FDP-Kantonsrat und Handelskammer-Direktor Daniel Probst für das Gesetz, weil die Wirtschaft von mehr Kitas profitiere.
Argumente des Pro-Komitees: Das Modell würde sich positiv auf die Wirtschaft auswirken, argumentieren die Befürworterinnen. Mehr Eltern könnten arbeiten gehen. Das würde mehr Steuereinnahmen generieren und den Fachkräftemangel entschärfen. Die Grüne Kantonsrätin Marlene Fischer ist überzeugt, dass bezahlbare Kita-Plätze den Kanton Solothurn familienfreundlicher machen würden. «Durch diese Unterstützung können Eltern ihre Kinder in die Kita schicken, die sich das bis dahin nicht leisten konnten.» Damit wirke das neue Gesetz auch der Armut entgegen.
Bezahlbare Kita-Plätze helfen der Wirtschaft und fördern die Standortattraktivität.
Argumente des Gegen-Komitees: Die Gegenseite befürchtet massive Mehrkosten. Die Rede ist von 100 Millionen Franken und einer Erhöhung der Kantonssteuern. Weil die Betreuungskosten bei den Steuern abgezogen werden, würden die Steuereinnahmen sinken. Neben den Kosten gehe es auch um die Autonomie der Gemeinden. Die Solothurner FDP-Präsidentin Sabrina Weisskopf betont, dass bereits heute die meisten Gemeinden Familien bei der externen Betreuung unterstützen. «Es gibt keinen Grund, wieso sich der Kanton einmischen soll.»
Die meisten Gemeinden unterstützen Familien bereits. Der Kanton muss sich nicht einmischen.
Die Krux mit den Zahlen: Im Abstimmungskampf werfen sich Gegnerinnen und Befürworter gegenseitig vor, die Bevölkerung falsch zu informieren. Während die Befürworterinnen mit Mehrkosten von bis zu 12 Millionen Franken für Kanton und Gemeinden rechnen, sprechen die Gegner von über 100 Millionen. Am 28. September entscheidet die Solothurner Bevölkerung über das Kita-Gesetz.