Die Propeller drehen. Die rot-weisse Twin Otter von Swisstopo rattert über die Startbahn des Militärflugplatzes Dübendorf und hebt ab.
Kurz darauf taucht sie unter dem linken Flügel der Säntis auf und wir fliegen von Westen nach Osten das Rheintal rauf und runter. «Entscheidend ist, dass wir ein konstantes Tempo haben und immer schön geradeaus auf der vorher definierten Linie fliegen», sagt Bordfotograf Carlo Bosco. Die Kamera unter uns soll jeden Quadratdezimeter Boden erfassen. Ein Quadratdezimeter – ungefähr zwei Zigarettenschachteln nebeneinander – entspricht auf dem Luftbild einem Pixel. So hoch ist die Auflösung der Luftbilder.
Satelliten und Drohnen sind kein Ersatz für das Fotografieren aus dem Flugzeug.
«Unsere grösste Herausforderung ist das Wetter. Hat es zu viele Wolken, können wir nicht fliegen», sagt Bosco. Auf seinem Tablet markiert er kleine Wolken, so dass sie später retuschiert werden können. Sind grosse Wolken im Weg, passt er die Route an.
«Diese Flexibilität ist einer der grossen Vorteile eines Flugzeugs gegenüber einem Satelliten. Zudem ist die Bildqualität viel besser.» Auch Drohnen seien kein Ersatz. Sie seien schon aus Sicherheitsgründen in gewissen Lufträumen nicht erlaubt. Und sie seien auch nicht in der Lage, die schwere Kamera zu transportieren.
Nach gut drei Stunden in der Luft ist das Rheintal und ein Teil des Unterengadins abfotografiert. Wir landen wieder auf dem Militärflugplatz Dübendorf.
Kein Land ist so gut vermessen wie die Schweiz.
Bearbeitet werden die Luftbilder am Hauptsitz von Swisstopo in Wabern bei Bern. Dort bearbeitet Tobias Providoli gerade ein Bild aus der Innerschweiz: eine Häusergruppe am Rand von Emmenbrücke. «Das grün Markierte hier ist ein neues Gebäude», sagt der Topograf. Sein Computer hat das neue Luftbild mit der drei Jahre älteren Version verglichen und die Änderungen markiert. Providoli zoomt sich rein in die Dachlandschaft. Mit ein paar Klicks definiert er Höhe, Breite, Form und Länge des Gebäudes. Fertig.
35 Topografen vermessen bei Swisstopo das Land. Jedes Dach, jeden Weg, jede Gletscherzunge, jeden Baum, jeden Parkplatz und noch vieles mehr. «Kein anderes Land der Welt ist so gut vermessen wie die Schweiz», sagt der Topograf.
Die Luftbildstreifen von Carlo Bosco, die Messungen von Tobias Providoli, dazu Radardaten, Satellitenaufnahmen – alles fliesst ein ins topografische Landschaftsmodell. Dort kann das Land in über 900 Varianten dargestellt werden.
Swisstopo zeigt das, was es bei Google nicht gibt
Städteplanerinnen und -planer nutzen das Modell, um die Schattenwürfe von Häusern zu simulieren. Hausbesitzerinnen und -besitzer können herausfinden, ob ihr Dach geeignet ist für Solarpanels. Das Modell dokumentiert, wo es viel Verkehrslärm gibt, wie schnell sich in den Alpen die Gletscher zurückziehen oder wie sich die Baumgrenze verschiebt. Und es komme zum Beispiel auch bei der Feuerwehr zum Einsatz. Providoli: «Wenn ich mit einem Löschfahrzeug komme, dann muss ich wissen, ob ich in eine Strasse einbiegen kann oder ob sie zu schmal ist. Das kann man in unserem Modell herausfinden, nicht aber auf den Karten von Google oder Apple.»
Das topografische Landschaftsmodell ist aufwendig und teuer. Zugleich ist es eine wichtige Planungsgrundlage für Politik und Wirtschaft, aber auch für Private – von der Bergtour über die Stadtplanung bis hin zum Katastrophenschutz.