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Besteuerung von Grenzgängern «Um einen Vertrag abzuschliessen, braucht es zwei»

Der Schweizer Aussenminister Ignazio Cassis hat in Lugano den italienischen Aussenminister Enzo Moavero Milanesi zu einem Arbeitsbesuch empfangen. Dabei ging es auch um das neue Abkommen zur Grenzgängerbesteuerung. Cassis betonte, dass die Schweiz bereit sei, das Abkommen zu unterzeichnen.

Ignazio Cassis

Bundesrat

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Ignazio Cassis ist seit 2017 Bundesrat und Vorsteher des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA). Er wurde 1961 geboren, studierte Humanmedizin, promovierte an der Universität Lausanne und machte einen Master in Public Health. Von 1997 bis 2008 war er Kantonsarzt des Tessins. Cassis war dann während zweier Jahre Präsident der Bundeshausfraktion der Liberalen (FDP), der er seit seiner Wahl in den Nationalrat im Juni 2007 angehört. Von 2015 bis 2017 hatte er das Präsidium der Nationalratskommission für soziale Sicherheit und Gesundheit inne. Cassis war im Jahr 2022 Bundespräsident.

SRF: Glauben Sie, dass im Frühjahr eine klare Stellungnahme von Italien erfolgt?

Ignazio Cassis: Der italienische Aussenminister hat eine klare Aussage gemacht – aber wir werden sehen. Ich kann nur zuhören und hoffen, dass sie dann zum Gesagten stehen werden.

In Rom scheint man sehr skeptisch zu sein, was den neuen Vertrag betrifft. Wie beurteilen Sie die Chancen?

Das ist tatsächlich so, das haben wir direkt und indirekt gehört. Es gibt eine neue Regierung mit neuen Parteien. Tatsächlich könnte dieses Abkommen nicht mehr im Sinn der heutigen Regierung sein. Falls das so ist, müssten sie es klar sagen. Nicht, dass wir weiterhin in einer unsicheren Situation bleiben.

Es ist eine schwierige Situation für die «Frontalieri», aber auch für die Tessiner. Diese haben sich erhofft, dass der Migrationsdruck abnimmt.

Ja, das ist so. Aber um einen Vertrag abzuschliessen braucht es zwei Parteien.

Wir haben klar gesagt, was wir wollen und wofür wir stehen.

Wir haben klar gesagt, was wir wollen und wofür wir stehen. Nun warten wir auf klare Antworten von Italien. Wir können sie nicht zwingen, etwas zu tun, das sie nicht wollen. Aber es wurde ganz klar gesagt, dass es im Interesse einer guten, voraussehbaren Beziehung – einer guten Nachbarschaft – ist, dass wir klar Ja oder Nein sagen.

Glauben Sie also, dass die Chancen intakt sind, dass das Abkommen trotz der Skepsis noch ratifiziert wird in Italien?

Diese Frage ist schwierig zu beantworten. Ich bin mir – im heutigen Klima – nicht ganz sicher. Aber es ist wichtig, dass die Italiener sich damit auseinandersetzen und zu einem Entscheid kommen. Das erwarten wir. Ob es ein Ja oder ein Nein sein wird, werden wir sehen.

Die Anzahl der «Frontalieri» stabilisiert sich wieder. Sind diese Massnahme für das Tessin immer noch so wichtig, wie sie vor drei Jahren waren?

Die Wichtigkeit der Massnahmen war vor drei Jahren höher als heute. Die Zahl bleibt stabil, vielleicht nimmt sie auch ein bisschen ab, sobald die Wirtschaft in Norditalien wieder in einen Aufschwung kommt. Und dann ist die ganze Sache politisch auch weniger brisant.

Das heutige Abkommen ist uralt. Es wäre ohnehin an der Zeit, etwas Neues zu machen.

Aber dennoch: Wir dürfen nicht vergessen, dass das heutige Abkommen uralt ist – es ist von 1974 – und es wäre ohnehin an der Zeit, etwas Neues zu machen.

Das Gespräch führte Reto Kohler.

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