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Besuch im Bundesasylzentrum Baume-Schneider macht in Chiasso Versprechen, bleibt aber vage

  • Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider hat in Chiasso das Bundesasylzentrum besucht.
  • Die Situation im Südtessin ist angespannt, weil sich negative Vorfälle mit Asylsuchenden im Tessin häuften.
  • Sie hat Massnahmen zur Verbesserung der Situation im Asylzentrum versprochen.
  • Kantonale und lokale Behörden fordern ein Sicherheitskonzept für die Standortgemeinden.

Derzeit beherbergt das Mendrisiotto (Bezirk Mendrisio) in den beiden Asylzentren Chiasso und Pasture gegen 600 Flüchtlinge. Mit Baume-Schneiders Vorgängerin Simonetta Sommaruga sei jedoch eine Obergrenze von 350 Asylbewerbern ausgemacht worden, hielt der Gemeindepräsident von Chiasso, Bruno Arrigoni, vor den Medien fest.

Durch zahlreiche unerfreuliche Vorfälle sei das Zusammenleben von Tessinern und Asylbewerbern in den Gemeinden Chiasso, Balerna und Novazzano getrübt, fuhr Arrigoni fort.

In Chiasso lebten 40 Prozent gut integrierte Ausländer, doch dieses Miteinander würde nun auf eine harte Probe gestellt. Seit Anfang Jahr sei die Polizei von Chiasso 570-mal ausgerückt. Das seien rund zwei Einsätze pro Tag, rechnete Arrigoni vor.

Auch der Gemeindepräsident von Balerna, Luca Pagani, forderte ein Sicherheitskonzept. In der Region sei es in den vergangenen Monaten vermehrt zu Diebstählen aus Häusern und Autos gekommen. Das Mendrisiotto sei eine gastfreundliche Region, aber inzwischen werde das Asylzentrum als Bedrohung wahrgenommen. Die Beziehung zwischen Asylbewerbern und Bevölkerung müsse «repariert» werden.

Braucht «klare Message», aber welche?

Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider blieb in ihren Aussagen vor den Medien äusserst vage. Sie könne nichts versprechen, erst müsse sie die Situation sorgfältig analysieren. Der Austausch mit den kantonalen und kommunalen Behörden sei «offen» gewesen, sie habe «zugehört und verstanden».

Es brauche jetzt eine «klare Message», doch wie diese aussehen könnte, sagte die Bundesrätin nicht. Mit den Vertretern der Standortgemeinden habe sie über mögliche Patrouillen privater Sicherheitsfirmen gesprochen. Entschieden sei jedoch noch nichts.

Mann und Frau
Legende: Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider bei ihrem Besuch in Chiasso. KEYSTONE/Ti-Press/Francesca Agosta

Baume-Schneider erinnerte daran, dass die Asylsituation in der ganzen Schweiz angespannt sei. Zudem dürfe man nicht vergessen, dass der Grossteil der Asylbewerber sich korrekt verhalte.

Auf die Frage eines Medienschaffenden, ob sie selber gerne in Chiasso leben würde, bejahte die Bundesrätin mit einem strahlenden Lächeln. Nicht nur der Temperatur wegen würde sie gerne in Chiasso wohnen, sagte Baume-Schneider. Das Tessin sei eine «solidarische Region».

Disziplinarmassnahmen gefordert

Der Tessiner Regierungspräsident Raffaele De Rosa (Mitte) wies auf die zuletzt gestiegenen illegalen Einreisen an der Tessiner Grenze hin. Diese würden das Gefühl der Unsicherheit noch zusätzlich schüren. Rechtswidrige Handlungen gegenüber Frauen und vulnerablen Personen würden das friedliche Zusammenleben im Tessin auf eine harte Probe stellen.

Der Bund müsse den Verteilschlüssel der Asylbewerber überarbeiten. Wie Arrigoni forderte auch De Rosa Disziplinarmassnahmen gegenüber Flüchtlingen, die sich nicht an das Gesetz halten.

Seit dem Frühsommer fordern lokale und kantonale Behörden eine Verbesserung der Situation innerhalb und ausserhalb der Bundesasylzentren im Mendrisiotto. Der Tessiner Vorsteher des Justiz- und Polizeidepartements Norman Gobbi (Lega) forderte Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider in einem Brief auf, «rasche und beständige Massnahmen» zu ergreifen.

SRF 4 News, 6.11.2023, 15 Uhr ; 

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